Nachhaltigkeit

Die letzte Meile wird elektrisch

Post AG Logistikzentrum & E-Fuhrpark 2019-08-21
Post AG Logistikzentrum & E-Fuhrpark 2019-08-21(c) Post AG
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Paketdienste stellen in urbanen Gebieten ihre Zustellung zunehmend auf CO2-neutrale Lieferfahrzeuge um. Dem E-Bike kommt dabei eine besondere Rolle zu.

In den Stadtzentren ist zurzeit ein Wandel im Lieferverkehr der großen Paketdienstleister zu beobachten: Wie in einem Versuchslabor werden alternative Zustellfahrzeuge auf Alltagstauglichkeit getestet. Das Ziel ist, trotz immer größerer Einschränkungen des Individualverkehrs aufgrund von Verkehrsstaus und rigoroser Parkraumbewirtschaftung Waren flexibel und möglichst rasch bei den Empfängern abzuliefern. „Von stadtnahen Depots starten Fahrräder, die immer häufiger die Feindistribution übernehmen“, erklärt Sebastian Kummer, selbst passionierter Fahrradfahrer und Vorstand des Instituts für Logistik und Transportwirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien. „Von den großen Paketverteilzentren am Stadtrand beliefern Kleintransporter die Cityhubs, von wo aus die Lastenfahrräder operieren.“

Zustellung über Mikro-Depots

In Wien betreibt die Post testweise so einen Cityhub im dritten Bezirk. Das Konzept ist nicht neu: Verbreitet sind in den Zustellgebieten sogenannte Depots, die von der jeweiligen Zustellbasis aus mit Kleintransportern beliefert werden. Der Briefzusteller etwa, der zu Fuß unterwegs ist, kann sich die Postbündel dorthin liefern lassen. Neu ist die Adaptierung des Systems für die Paketzustellung. „In unserem Paketzentrum in Wien Liesing werden kleinere Pakete für den dritten Bezirk vorsortiert und in entsprechenden Containern zu unserem Cityhub geliefert. Der Zusteller übernimmt dann den Container und liefert die Pakete mit seinem E-Lastenfahrrad aus. Nach der ersten Tour kommt er zum Hub zurück und holt den nächsten für die weitere Tour ab“, erklärt Postsprecher Michael Homola.

Der US-amerikanische Paketzusteller UPS hat 2012 in Hamburg damit begonnen, systematisch über sogenannte Mikro-Depots die Zustellung mit Lastenfahrrädern durchzuführen. Dieses Konzept wird mittlerweile in mehr als 30 Städten weltweit umgesetzt, auch bei vielen UPS-Vertragspartnern wie etwa in Wien. Die Lastenräder werden dabei über reguläre Zustellfahrzeuge beladen. Zurzeit sind elf E-Lastenräder in verschiedenen Bezirken Wiens bei Vertragspartnern für UPS im Einsatz. „In Deutschland verfügen wir über rund 70 eigene Lastenräder, sowohl elektrisch unterstützte als auch konventionelle. In Europa sind es circa 90. Nicht berücksichtigt sind hierbei die Lastenräder, die von unseren Vertragspartnern eingesetzt werden, wie etwa in Wien oder auch in Leipzig“, erklärt Holger Ostwald von UPS Deutschland.
Der Express-Paketdienstleister DPD betreibt seit mehreren Jahren in Wien (Seestadt Aspern), Linz und Salzburg eigene Cityhubs. Die Zustellung der Pakete zu den Hubs erfolgt mit einem E-Sprinter und die Verteilung zum Beispiel in der Seestadt ebenfalls durch E-Lastenfahrräder.

Internationale Praxistests

In Leipzig kommt bei DPD seit vergangenem August das Rytle-MoveR-Lastenfahrrad zum Einsatz, das speziell für den Betrieb bei Paketdienstleistern in Stadtzentren entwickelt wurde: Es erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern und bleibt auch bei voller Beladung uneingeschränkt manövrierfähig. Die Pakete werden in austauschbaren Transportcontainern befördert. Bei UPS wird dasselbe E-Bike-Modell soeben in München getestet.
Einen Schritt weiter ist man in London, wo DPD den Mini-E-Truck EAV des Designstudios New Territory testet. Das Gefährt hat vier Räder, ist aber klein genug, um auf die Fahrradwege der britischen Hauptstadt zu passen. Der Vorteil dabei: Die City-Maut entfällt, weil klarerweise die äußerst strengen Emissionsvorschriften für Lieferfahrzeuge im Stadtzentrum eingehalten werden. Ausgestattet ist der EAV mit einer Windschutzscheibe und einem Dach, die den Fahrer vor dem Wetter schützen. Das Fahrzeug kann bis zu 125 Kilogramm transportieren und erreicht eine Geschwindigkeit von rund 20 Stundenkilometern.

Bei der heimischen Post als Halter der größten E-Fahrzeugflotte in Österreich – zum Jahresende soll der Bestand 1900 Einheiten umfassen – sieht man diese Entwicklung positiv. Homola: „Heute sind mehr Anbieter auf dem Markt als noch vor sechs, sieben Jahren. Das bringt uns dem Ziel näher, bis 2030 die letzte Meile komplett mit E-Fahrzeugen zu bewältigen.“ Wobei es einen großen Unterschied zwischen Stadt und Land gibt. „Die Zustellung in Städten kann bereits heute sehr effizient mit E-Fahrzeugen bewältigt werden“, betont Homola. „Die Herausforderung liegt in den ländlichen Gebieten, wo ein Zusteller durchschnittlich 40 Kilometer pro Tour zurücklegt. Es gibt aber auch Touren, die über 100 Kilometer betragen können.“ Dort reiche im Moment die Technik der E-Mobilität noch nicht aus, meint der Unternehmenssprecher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2019)

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