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Warenströme unter Beobachtung

Barcode Labels
Barcode Labels(c) Getty Images/ iStockphoto (grahamwhiles)
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Vom Strichcode bis zur vernetzten Funkwelt des Internet of Things: Wie sich Waren- und Informationsflüsse verschränken.

Den Anfang machte eine Zehnerpackung Juicy Fruit des Herstellers Wrigley. Man schrieb den 26. Juni 1974, als der Kaugummi in einer Filiale der US-amerikanischen Supermarktkette Marsh in Troy (Ohio) zum ersten mit einem Strichcode markierten Produkt avancierte, das von einer Scannerkasse erfasst und verkauft wurde. Bereits 1952 war die Technologie zum Patent angemeldet worden, der Wrigley-Coup sollte ihr zum Durchbruch verhelfen und der Barcode (engl. „bar“ für Balken) den Handel revolutionieren.

Heute tragen hierzulande rund 98 Prozent der Lebensmittel und 85 Prozent aller anderen Artikel einen Code, der mittlerweile in unzähligen Varianten existiert. Die Typenvielfalt reicht vom klassischen Strichcode über den quadratischen QR-Code bis hin zu animierten 4-D-Codes, die mit Farbtönen arbeiten. Die Idee dahinter ist immer die gleiche: Die Steuerung von Warenströmen, die Automatisierung der Lagerhaltung und die Verfolgung von Waren auf ihrem Versandweg durch die Welt. Weltweit nutzen mehr als eine Million Unternehmen das System, die Codes werden von 120 nationalen Standardisierungsorganisationen verteilt. In Österreich ist die Firma GS1 Austria zuständig, die kürzlich ein Jubiläum feierte, das vom anhaltenden Nutzen der Codes erzählt.

Cola-Kraut braucht Code

„Wir konnten mit dem Kräuter-Cola-Produzenten Pedacola unseren zehntausendsten Kunden begrüßen“, berichtet Geschäftsführer Gregor Herzog. Der Mühlviertler Unternehmer Peter Leitner, Kreator eines Sirups aus Cola-Kraut, benötigte eine eindeutige Artikelkennzeichnung und forderte Mitte 2019 bei GS1 Austria eine Global Trade Item Number (GTIN), verschlüsselt in einem EAN-Strichcode, an: „Durch die GTIN wird gewährleistet, dass ich die Vorgaben meiner Kunden erfüllen und andererseits neue Vertriebswege erschließen kann“, berichtet Leitner. Das GS1-System ermögliche ihm den elektronischen Geschäftsdatenaustausch sowie die Standardisierung von Nachrichten und Geschäftsprozessen. „Wir verbinden den Warenfluss mit dem Informationsfluss“, bringt es Herzog auf den Punkt. Seit der Gründung im Jahr 1977 habe man sich vom reinen Artikelkennzeichner hin zu einem Datendrehscheibe-Provider entwickelt. Angeboten werden unter anderem eine Plattform zum elektronischen Austausch von Produktdaten und über eine Tochterfirma Dienstleistungen für den integrierten elektronischen Austausch von Geschäftsdaten. Weltweit hat die privatwirtschaftlich aufgestellte Organisation GS1 in 150 Ländern knapp zwei Millionen Mitglieder. Mehr als fünf Milliarden Strichcodes werden jeden Tag gescannt.

Die Nachfolger funken

So kontinuierlich sich die Barcodes über Jahrzehnte ihren Erfolgsweg gebahnt haben, so schnell könnten sie demnächst an Herrlichkeit verlieren. Konkurrenz kommt vom Funk, genauer gesagt von Trägern (Transpondern) mit winzig kleinen, von einer Antenne umgebenen Computer-Chips. Was bei Autoschlüsseln oder gechippten Tieren schon längst im Einsatz ist, schickt sich nun auch an, die Logistik zu erobern. Vor allem bei der Rückverfolgung hochwertiger Güter entscheidet man sich immer öfter für die Radio Frequency Identification Technology (RFID). Der Transponder als RFID-Datenträger hat drei wesentliche Vorteile: Er lässt sich ohne Sichtkontakt lesen und beschreiben, ist wiederbeschreibbar und es können mehrere Transponder quasi gleichzeitig gelesen werden (Pulkerfassung). „Im produzierenden Gewerbe spielt RFID seine Vorteile vor allem in Bezug auf die langfristige Lesbarkeit aus. So lassen sich Bauteile selbst nach einer Nachbehandlung ein ganzes Leben lang rückverfolgen. Jeder Arbeitsschritt kann direkt im Bauteil dokumentiert, gelesen und beschrieben werden“, sagt Achim Schenk, Geschäftsführer des deutschen Spezialisten für Identifikationslösungen, Identwerk. Grenzen setzt allerdings die Physik: So können beispielsweise Flüssigkeiten und Metalle zu Problemen oder sogar zur Nichtlesbarkeit führen. Nachteilig gegenüber Barcodes sind zudem die Kosten eines RFID-Projekts. In die Bresche springen könnte kostentechnisch die nächste Innovationsstufe.

NB-IoT nennt sich ein speziell für die Übertragung von geringen Datenmengen ausgelegter Mobilfunkstandard, der kostengünstig völlig neue Potenziale eröffnen soll. „NB-IoT-Tracker werden einfach in die Umverpackung gelegt oder integriert, um in regelmäßigen Abständen automatisch die Position zu senden. Sensoren melden zudem den exakten Zustand der Waren bezüglich Temperatur oder Sturzschäden und schlagen notfalls Alarm. So können Güter in der gesamten Transportkette lückenlos verfolgt und qualitativ überprüft werden, mit minimalem Aufwand“, sagt Myriam Jahn, CEO des Internet-of-Things-Unternehmens Q-loud. Dreh- und Angelpunkt der neuen Möglichkeiten sind neben den NB-IoT-Geräten und -Sensoren IoT-Plattformen. Willkommen in der Industrie 4.0.

DER BARCODE

Seit 45 Jahren kommt der Barcode bei Waren aller Art zum Einsatz . Der bekannteste Barcode in Europa ist die EAN 13 (European Article Number). Das ist ein sogenannter 1-D-Code. Dieser Code besteht aus 13 Stellen, wovon die letzte Ziffer als Prüfziffer verwendet wird. GTIN- (Global Trade Item Number) und EAN-Codes werden vor allem zur Produktkennzeichnung verwendet. Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe anderer Codes, die für verschiedene Einsatzzwecke verwendet werden können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2019)

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