Militärhunde töten Soldaten in Wiener Neustädter Kaserne

Die Presse
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Der 31-jährige Hundeführer wurde in der Nacht von zwei Belgischen Schäferhunden angefallen und zerfleischt.

Ein 31 Jahre alter Soldat ist in der Nacht auf Donnerstag in der Flugfeld-Kaserne des Jagdkommandos Wiener Neustadt von Belgischen Schäferhunden angefallen und getötet worden. Der Oberwachtmeister aus dem Bezirk Mödling war an diesem Abend für die Betreuung und Fütterung der Tiere in der Zwingeranlage zuständig. Die Polizei ermittelt.

Der Niederösterreicher wurde kurz vor 2.00 Uhr von einem Kollegen vor dem Zwinger gefunden. er erlag noch an Ort und Stelle seinen schweren Bissverletzungen. Warum ihn die Belgischen Schäferhunde attackiert hatten, war unklar. Zeugen des Vorfalls gab es keine. Der Soldat soll die Hunde gefüttert haben. Was in der Nacht genau passiert ist, muss erst ermittelt werden. 

Massive Bisswunden

Der 31-Jährige war gegen 16.00 Uhr zur Zwingeranlage aufgebrochen, um die fünf Hunde in der Kaserne zu betreuen. Er war an diesem Abend für die Betreuung, also Auslauf und Fütterung, der Tiere zuständig. Beim Jagdkommando hat zwar jeder Hundeführer einen eigenen Hund, allerdings arbeitet jeder Militärhundeführer grundsätzlich mit jedem Tier. Der Diensthund des 31-Jährigen blieb in seinem Fahrzeug zurück.

Der Großteil der Jagdkommando-Soldaten der Flugfeld-Kaserne befand sich auf einer Übung in der Steiermark, sagte Bundesheersprecher Michael Bauer. In der Nacht bemerkte der diensthabende Offizier dann die zwei freilaufenden Belgischen Schäferhunde. Ein Tier ist bereits fertig ausgebildet, das zweite erst rund sechs Monate alt, erläuterte der Sprecher. Der Offizier weckte einen Hundeführer auf, der die beiden Tiere wieder versperrte und den toten Kollegen fand. Dieser hatte massive Bisswunden erlitten, die ihn auch getötet hatten.

Der Oberwachtmeister war seit 2017 als Hundeführer tätig. Er wurde als "höchst engagiert und top ausgebildet" beschrieben. Seine Angehörigen und die Kameraden werden vom Heerespsychologischen Dienst betreut. Das Landeskriminalamt Niederösterreich ermittelt. Das Bundesheer richtete eine Unfallkommission mit einem Veterinärmediziner, einem Arzt und einem Juristen ein. Auch die Staatsanwaltschaft sei in die Erhebungen eingebunden, hieß es. Am Donnerstag wurden Spuren gesichert. Eine Obduktion wurde angeordnet. Ein Ergebnis wird in einigen Tagen erwartet.

Das Bundesheer bekundete den Hinterbliebenen tiefe Anteilnahme. "Mein tiefes Mitgefühl gehört der Familie und den Angehörigen des getöteten Oberwachtmeisters sowie den Kameradinnen und Kameraden des Österreichischen Bundesheeres", postete Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf Facebook und Twitter. Auch Verteidigungsminister Thomas Starlinger zeigte sich tief betroffen: "Heute Nacht bin ich vom entsetzlichen Unfall, bei dem ein junger Soldat gestorben ist, informiert worden. Den Angehörigen des Verstorbenen möchte ich mein aufrichtiges Beileid und tiefes Mitgefühl ausdrücken."

Hunde sind auf Angriff trainert

Die beiden Belgischen Schäferhunde, die in der Nacht auf Donnerstag einen Jagdkommando-Soldaten in der Flugfeld-Kaserne in Wiener Neustadt getötet haben, waren klassische Zugriffshunde. "Ihre Aufgabe ist es, den Angreifer unschädlich zu machen", erläuterte Bundesheersprecher Michael Bauer im Gespräch.

Die Tiere des Jagdkommandos sind so ausgebildet, dass sie beispielsweise bei der Erstürmung eines Hauses den Feind ausschalten. "Läuft der Angreifer davon, stellt ihn der Hund. Wenn sich der Angreifer nicht mehr wehrt, hört der Hund auf", sagte Bauer. Dass die Diensthunde Soldaten attackiert haben, kam bisher nicht vor. "Es ist noch niemand gröber verletzt worden", sagte Bauer.

Ein Tier wie die vom Bundesheer als Zugriffshunde gehaltenen Malinois, wie die Schäferhunde-Rasse auch genannt wird, "trifft man nicht auf der Straße. Das sind eigens gezüchtete und speziell ausgebildete Hunde", sagte Gerald Pötz vom Österreichischen Hundehalterverband (ÖHV). Der Besitz derart trainierter Tiere sei Privatpersonen untersagt. Solche Hunde für den Polizei- und Militärdienst würden zudem aus eigenen Zuchtstätten stammen.

Aggressivität sei hingegen "kein Merkmal, auf das gezüchtet wird", betonte der ÖHV-Sprecher. "Ein bestimmtes Maß an Aggression ist für jedes Tier eine überlebenswichtige Eigenschaft, Aggression ist aber kein Merkmal, das angeboren ist. Aggressionsbereitschaft kann ein Hund in der Ausbildung lernen.

Seit dem Jahr 1964 gibt es beim Bundesheer Militärhunde. Derzeit sind es 70 Militärhunde. Davon sind 41 Rottweiler, 15 Belgische und fünf Deutsche Schäferhunde sowie neun Labradore. Ausgebildet werden die Tiere im Militärhundezentrum in Kaisersteinbruch im Burgenland. Bisher wurden so 1.800 Rottweiler gezüchtet und trainiert, damit ist es die größte Rottweilerzucht der Welt. Im Anschluss werden sie auf mehreren Dienststellen und auch im Ausland verwendet. 

Harte Hundeführer-Ausbildung

Neben der Ausbildung der Hunde wird auch der Schulung des Hundeführers große Bedeutung beigemessen. Bevor ein künftiger Hundeführer mit der Ausbildung beginnen darf, hat er eine 14-tägige Überprüfung über sich ergehen zu lassen. Hier durchläuft er mehrere Stationen, die ihn in die Fütterung, Pflege und Ausbildungsgrundlagen eines Hundes einweisen.

Darüber hinaus wird er über 24 Stunden unter Schlafentzug und starker körperlicher Belastung vom Heerespsychologischen Dienst auf seine physische and psychische Belastbarkeit überprüft. Ein Abschlusstest über das Erlernte komplettiert das Programm and entscheidet über die Zulassung zur Teilnahme am Militärhundeführer-Lehrgang.

Die Hundeführer des Bundesheeres wüssten genau, "wie man mit den Tieren umgeht"“, sagte Pötz. Umso unerklärlicher sei der Unglücksfall, der einen 31-jährigen Jagdkommando-Soldaten in Wiener Neustadt das Leben gekostet hat.

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