Katja Langmaier und Manuel Hafner
Mentoring

Jobsuche nach der Uni: Vermittler zwischen zwei getrennten Welten

Für Absolventen der Universität Wien ist die Jobsuche oft schwieriger als gedacht. Häufig fehlt es an klaren Berufsbildern und der Fähigkeit, die eigenen Skills zu vermarkten. Die neue Mentoring-Plattform Alma soll das ändern.

„Es gibt eine wahnsinnig große Diskrepanz zwischen dem, worauf die Uni einen vorbereitet und dem, was der Arbeitsmarkt wünscht.“ Der promovierte Biochemiker Manuel Hafner legt die argumentativen Karten gleich auf den Tisch im Marietta-Blau-Saal, an dem er an diesem Abend mit Katja Langmaier, Projektleiterin des Mentoring-Programms der Universität Wien, über die Probleme von Uni-Absolventen beim Berufseinstieg diskutiert.

Als Anlass dient die neue Online-Plattform Alma, die Mentoren mit Jung-Absolventen vernetzen will, um sie bei Studienabschluss und Jobsuche zu unterstützen. Die Beratung gliedert sich dabei in drei Richtungen: Berufseinstieg, Selbstständigkeit/Gründung sowie Arbeiten im Ausland. Empfohlen wird eine Beratung von etwa sechs Monaten, ist aber individuell. Das Programm selbst gibt es seit 2010, bisher wurden die Paarungen jedoch händisch „gematcht“.

„Mentoring ist ein gutes Tool, um in Netzwerke reinzukommen“, sagt Langmaier. Bestimmte Zielgruppen, wie Absolventen mit Migrationshintergrund, deren erste Sprache nicht Deutsch sei, hätten nach Ende des Studiums oftmals Schwierigkeiten, die Gepflogenheiten des heimischen Arbeitsmarkts genau zu kennen. Und auch Absolventen von Studienfächern, die auf den ersten Blick weniger Schwierigkeiten hätten, einen Job zu finden, soll die Plattform Beratung anbieten. Denn auch in den vermeintlich gefragten MINT-Fächern, deren Absolventen oft noch während des Studiums von Firmen „abgesaugt“ würden, herrschten oftmals „völlig unrealistische Erwartungen“ hinsichtlich möglicher Berufsfelder, sagt Hafner.

»Studenten seien kaum darauf vorbereitet, "was der Markt von ihnen möchte" und "haben ein massives Problem, einen Job zu finden, weil ihre Ansprüche so weit weg von der Realität sind."«

Biochemiker Manuel Hafner

Der gebürtige Deutsche, selbst im mittleren Management beim Pharmaunternehmen Takeda tätig, ist seit zwei Jahren als Mentor dabei. In seinem Bereich der Life Science (Pharmazie, Biologie, Chemie etc.) gebe es in Österreich kaum Jobs in der Forschung, wo lediglich 20 Prozent der Absolventen unterkämen. „Wien ist sehr unterindustrialisiert für eine Stadt ihrer Größe. Wir haben hier nur vier, fünf große Arbeitgeber“, sagt er.

Der Standort sei nicht attraktiv genug. Die Bereitschaft der Unis mit der Industrie zusammenzuarbeiten sei „enden wollend“, sie selbst würden falsche Erwartungen schüren. Dadurch seien Studenten kaum darauf vorbereitet, „was der Markt von ihnen möchte“ und „hätten ein massives Problem, einen Job zu finden, weil ihre Ansprüche so weit weg von der Realität sind.“

Skills vermarkten lernen

Die Diskrepanz zwischen den Job-Vorstellungen der Studierenden und den Gegebenheiten des Arbeitsmarkts verstärkt sich häufig durch die eigene Unfähigkeit, die erlernten Skills zu benennen. Dieser Unterschied sei zwar in einem bestimmten Berufsfeld etwas Negatives, sagt Langmaier, bedeute aber auch, dass viele Studierende „viel besser dran sind, als sie glauben“: „Studierende haben oft keine Ahnung davon, welche guten Skills sie haben“, sagt Langmaier. Trotz der oftmals schwierigen Studienbedingungen an der Uni Wien (für die sie zu Recht kritisiert worden sei, wie Langmaier betont) verfügten die meisten Absolventen - auch aufgrund der hochwertigen Lehre - über ein hohes Maß an Problemlösungskompetenz und Selbstorganisation. „Du musst dich selber durch das Studium peitschen. Das ist keine FH, wo die Rute im Fenster steht, wenn du Prüfungen nicht machst.“ Doch viele Absolventen müssten erst lernen, zu erklären, was sie können. Das Mentoring diene dabei als Übersetzungsarbeit, um die wichtigen Skills zu identifizieren.

»"Studierende haben oft keine Ahnung davon, welche Skills sie überhaupt haben."«

Projektleiterin Katja Langmaier

Bei den Treffen mit seinen Mentees versucht Hafner auch Vorurteile zu hinterfragen und andere Perspektiven aufzuzeigen. „Ist es genau das, wofür ich brenne? Was genau macht mir Spaß? Bin ich bereit, dafür auch wegzuziehen?“ sind Fragen, die er den Absolventen stellt. „Ich weise auch darauf hin, welche Fallstricke und Aha-Erlebnisse ich hatte.“

Praxisnähe und Berufsbilder

Nach ihrem Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft kannte Barbara Grütze nur wenige mögliche Berufsbilder. „Man stellt es sich anders vor als es ist“, sagt sie. 2013 nahm sie deshalb als Mentee am Programm teil. Durch ihre Mentorin, die an den Vereinigten Bühnen Wien tätig war, gewann sie Einblicke in die Praxis und absolvierte ein Praktikum in der Dramaturgie. „Danach wusste ich genau, was ich machen will.“ Heute ist sie am Musischen Zentrum angestellt und als selbstständige Theaterpädagogin tätig.

Das Mentoring kann sie „absolut empfehlen“, für das sie später selbst als Mentorin tätig war. Grütze relativiert die Kritik, die oft an die Uni Wien gerichtet ist: „Ich bin nicht sicher, ob es die Aufgabe der Uni ist, Hilfe bei Bewerbungen zu geben. Die Uni ist eigentlich dafür da, wissenschaftliche Hintergründe zu liefern.“

Auf einen Blick

Nach dem Launch der neuen Onlineplattform lädt die Universität Wien in den Festsaal zur Alma Mentoring Convention am 22. und 23. November. Die Eröffnung der Konferenz findet am 22. November um 14 Uhr statt. Infos unter  www.mentoring.univie.ac.at.

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