Medienkritik

Offener Brief gegen Handke-„Hetze“

Worüber darf, worüber soll man berichten? Und wie? Eine Frage, die bei Handke nicht erst jetzt gestellt wird.
Worüber darf, worüber soll man berichten? Und wie? Eine Frage, die bei Handke nicht erst jetzt gestellt wird.APA/AFP/ALAIN JOCARD
  • Drucken

Medien würden „Anti-Handke-Propaganda“ und „Hetze“ betreiben, kritisiert ein Offener Brief. Autoren und Literaturwissenschaftler unterstellen Zeitungen einen „Willen zur Illiberalität“.

Ein unter anderem von österreichischen Autoren und Literaturwissenschaftlern unterschriebener Offener Brief kritisiert die Berichterstattung zu Peter Handke: Die Kritik sei zur „Anti-Handke-Propaganda“ verkommen, „mediale Hetze“ werde betrieben, heißt es darin. „Es ist bestürzend, welcher Hass sich über einen Autor und sein Lebenswerk ergießt, der konsequent und radikal ohne erkennbaren Vorteil für sich selbst, vielmehr sogar noch zum eigenen Schaden, die Autonomie seiner schriftstellerischen Existenz gegen die an ihn und alle anderen SchriftstellerInnen gerichteten Erwartungshaltungen behauptet“, so ein Passus.

Zu den Initiatoren gehören unter anderem die Autoren Doron Rabinovici und Daniel Wisser. Besonders erwähnt werden Artikel über Handkes jugoslawischen Pass, weil die „insgesamt“ die Möglichkeit einer Ausbürgerung „nahe“ lege: Man will offenbar Handke mit aller Gewalt zu einem ,serbischen Staatsbürger‘ oder ihn staatenlos machen.“ Und: „Wir haben uns in der Vergangenheit nicht mit unseren ausgebürgerten Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern solidarisiert, um jetzt eine angezettelte Ausbürgerungsdebatte um Peter Handke bei uns stillschweigend zu übergehen.“

Was man damit erreichen will? "Wir fordern alle an der Debatte Beteiligten dringend dazu auf, sich an den unmittelbar auf Handke zutreffenden Fakten zu orientieren, anstatt über den Umweg einer Debatte über Peter Handke die versäumte Auseinandersetzung mit einem außerhalb der betroffenen Länder ansonsten ganz und gar verdrängten Kapitel jüngerer europäischer Geschichte nachzuholen. Der Wille zur Illiberalität selbst bei sich für liberal haltenden Medien ist nur noch erschreckend.“

Zum Hintergrund: Der nunmehrige Literaturnobelpreisträger ließ sich 1999 vom Milosevic-Regime einen jugoslawischen Pass ausstellen. Darin wurde die Nationalität des Autors als „Jugoslawisch“ angegeben. Der Fund verursachte einige Aufregung. Vor allem, weil er Konsequenzen für Handkes österreichische Staatsbürgerschaft haben könnte. Die Inhalte des Offenen Briefes waren zuvor schon auf Twitter publiziert (und auch kritisiert) worden. Besonders wurde dabei eine Redakteurin des „Standard" angegriffen.  (red.)

>> Zum offenen Brief

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

BOSNIA-SWEDEN-AUSTRIA-LITERATURE-NOBEL-PRIZE-DIPLOMACY-DEMO
Literaturnobelpreis-Debatte

"Mütter von Srebrenica" wollen vor Nobelpreisvergabe an Handke protestieren

Vor der Verleihung des Literaturnobelpreises ist in Stockholm eine Demonstration geplant. Die Organisatoren hoffen auf mehrere Tausend Teilnehmer.
Nobelpreisträger

Handke sagt, er hatte keine jugoslawische Staatsbürgerschaft

Der Autor ließ sich 1999 vom Milosevic-Regime einen jugoslawischen Pass ausstellen. Aber ohne Staatsbürgerschaft, sagt er einem Belgrader Boulevardblatt. Vom serbischen Innenministerium kam keine konkrete Auskunft.
Literatur

Laut Pass war Handke "Jugoslawe"

Das Milosevic-Regime stellte dem Literatur-Nobelpreisträger 1999 einen Pass aus. Ein Foto davon ist auf den Archiv-Seiten der ÖNB zu sehen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.