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Casinos: Wer ist noch tragbar?

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Die Eigentümer stehen vor schwierigen Fragen: Ist Peter Sidlo noch tragbar? Müssen die Aufsichtsräte gehen?

Wien. Die Causa „Glücksspiel“ hat in dieser Woche gehörig an Fahrt aufgenommen. Denn um zu klären, ob es rund um die Bestellung von Peter Sidlo (FPÖ) zum Finanzvorstand der Casinos Austria einen rechtswidrigen Deal zwischen FPÖ und dem Glücksspielkonzern Novomatic gegeben hat, führte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Dienstag weitere Razzien bei Ex-Finanzminister Hartwig Löger, seinem früheren Generalsekretär und nunmehrigem Öbag-Chef Thomas Schmid, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Casinos Austria, Walter Rothensteiner, und seinem Vize, Josef Pröll, durch. Damit gibt es mittlerweile elf Beschuldigte in dem Verfahren. Für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Wer noch in den ominösen Deal verwickelt ist und ob sich Finanzminister Löger auf höhere Anordnung oder autark bei der prekären Angelegenheit engagiert hat, werden die kommenden Wochen zeigen. Die WKStA hat jedenfalls noch eine Menge an Daten auszuwerten. Bei all dem Trubel bleibt den Eigentümern der Casinos nicht erspart, sich tunlichst Gedanken darüber zu machen, wie es personell bei ihnen weitergehen soll. Folgende Fragen drängen sich auf:

1. Kann Peter Sidlo weiterhin Finanzvorstand der Casinos bleiben?

Seit Anfang September ist Sidlo – bis zur Klärung der Vorwürfe – beurlaubt. Auch in einem „Presse“-Interview betonte er, er habe nichts von irgendwelchen Absprachen rund um seine Bestellung gewusst. „Mit mir hat kein Mensch gesprochen.“ Und noch vergangene Woche sagte Vorstandsvorsitzende Bettina Glatz-Kremsner bei einer Pressekonferenz, sie sei überzeugt, Sidlo „hat sich nichts zuschulden kommen lassen“. Ob sie das heute auch noch sagen würde, da der Chat-Verkehr unter anderem zwischen Sidlo und seinem Freund Johannes Gudenus, dem damaligen FPÖ-Klubobmann, bekannt ist? Sidlo schrieb demnach am 12. August 2018: „Hallo Joschi, ich habe mit meinen Freunden bezüglich Casinos gesprochen, sie wären bereit und auch fähig, den Deal zu machen. Bitte Meeting für Anfang September koordinieren, gleich mit Hubert (Anm.: gemeint ist Hubert Fuchs, FPÖ, damaliger Staatssekretär im Finanzministerium).“

Ob sein Verhalten strafrechtlich relevant ist, muss erst geklärt werden. Für die Sazka-Gruppe, die 38,29 Prozent an den Casinos hält, ist Sidlo jedenfalls schon aus anderen Gründen nicht mehr tragbar. Sie hat bei der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch ein Gutachten des Innsbrucker Professors Thomas Müller vorgelegt. Dieser kommt zu dem Schluss, dass Sidlo in keiner Weise den Anforderungen entspricht, die das Glücksspielgesetz für Geschäftsleiter vorsieht, er also nie hätte bestellt werden dürfen. Offenbar ist man im Aufsichtsrat bereits aktiv bemüht, eine Lösung zu finden, um sich Sidlos zu entledigen. Womit sich jedoch die nächste Frage aufdrängt:

2. Sind Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner und sein Vize Josef Pröll sowie Harals Neumann noch tragbar?

Nach dem österreichischen Aktienrecht sind die Aufsichtsratsmitglieder verpflichtet, ausschließlich im Interesse des Unternehmens zu agieren. Nach der Pfeife der Eigentümer tanzen, wenn es nicht dem Wohl des Unternehmens dient, dürfen sie nicht. Im konkreten Fall haben sie das wohl getan. Denn sich für einen Finanzvorstand einzusetzen, der für diese Funktion nicht geeignet erscheint, ist für die Casinos sicher nicht von Vorteil. Auch dass Rothensteiner womöglich den Interventionen von Ex-Finanzminister Löger nachgegeben hat, um den politischen Deal zwischen Novomatic und den Blauen zu vollziehen, widerspricht dem Gesetz. Zumal der Tauschhandel „Sidlo gegen Glücksspiellizenzen für die Novomatic“ einer ist, der für das eigene Unternehmen, die Casinos, nachteilig gewesen wäre. „Es ist undenkbar, dass sich Rothensteiner hält. Mit solchen Vorwürfen kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagen namhafte Gesellschaftsrechtsexperten hinter vorgehaltener Hand. „Und auch Novomatic-Chef Harald Neumann hat dem Anschein nach eher im Interesse der Novomatic als im Sinne der Casinos agiert.“

3. Wie müssten die Aufsichtsräte abberufen werden?

Wenn die Aufsichtsräte sich unter diesen Umständen nicht aus eigenen Stücken dazu entscheiden, ihr Mandat zurückzulegen, um weiteren Schaden von den Casinos abzuwenden, können sie die Eigentümer in einer Hauptversammlung aus wichtigem Grund mit einer Dreiviertelmehrheit abberufen.

Doch im konkreten Fall tauchen da gleich die nächsten Probleme auf: Denn bekanntlich hält die Öbag 33,24 Prozent an den Casinos. Und Öbag-Vorstand Thomas Schmid ist selbst einer der Beschuldigten in der Glücksspielcausa. Ihm wirft die WKStA vor, als Lögers Generalsekretär am Zustandekommen des Deals tatkräftig mitgewirkt zu haben. Es ist deshalb ausgeschlossen, dass er die Öbag, wenn es um die Casinos-Causa geht, weiterhin vertritt. Hat also der Aufsichtsrat der Öbag, Helmut Kern, oder gar der aktuelle Finanzminister aktiv zu werden? Lauter Fragen, auf die es derzeit noch keine Antworten gibt.

(c) Die Presse

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2019)

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