Wir lieben es, online zu bewerten. Warum nicht auch Pädagogen?
Schauen Sie bitte einmal um sich, neben sich, unter sich. Und jetzt googeln Sie. Sicher ist es für die meisten schwieriger, etwas zu finden, was noch nicht online rezensiert wurde, als umgekehrt. Der Laptop auf dem Tisch („Ruckelt und Akku sehr schwach!“), das Kabel, das zur Steckdose führt („guter Querschnitt“) und selbst der Steckdosenverteiler („Das Lämpchen leuchtet in einem fantastischen Grün“) sind in ganzen Textpassagen unter Verwendung der unvermeidlichen Sternchen bewertet.
Für diese Masse an Online-Kritiken sollen übrigens nur 1,5 Prozent der Kunden verantwortlich sein – nämlich jene, die besonders erzürnt oder begeistert sind. Repräsentativ ist das nicht, natürlich. Eine US-Umfrage ergab trotzdem, dass rund 80 Prozent die Rezensionen lesen. Dass auch Personen und deren Arbeit gern in ein Punktesystem gepresst werden, weiß jeder, der schon einmal die Arztpraxis gewechselt hat. Ab Freitag sollen nun auch Lehrer digitale Noten von (ihren) Schülern bekommen. Wenn eine Schülerin ihren Lehrer bewertet, nachdem dieser ihre Schularbeit als „Nicht genügend“ befunden hat, mag das vielleicht nicht immer fair sein. Überraschend kommt es aber nicht.
Was Feedback an Schulen betrifft, arbeite man konkrete Änderungen aus, hieß es aus dem Bildungsministerium am Dienstag. Bis dorthin hilft der Lehrergewerkschaft vielleicht etwas mehr Gelassenheit, schließlich rezensieren besonders zufriedene Menschen ebenso gern. Und ein kleiner Hinweis: Auch Apps kann man online bewerten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2019)