Turniertanz

Die schönsten Schritte der Welt: Mit Takt, Steinchen und Bronze

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Die Austrian Open locken ins Schwechater Multiversum. Bei der Jugend-WM der Lateintänze rechnet sich Österreich Chancen aus.

Ein bis zwei Stunden dauert die Routine, die zum Turniertanzen gehört, wie das Aufwärmen vor einem Wettbewerb: Selbst feinste Härchen werden mit Gel und Spray gezähmt, das Gesicht mit Make-up eingedeckt, die Schuhsohlen mit Drahtbürsten auf das Parkett abgestimmt. Falsche Wimpern, Bronze-Puder und dunkle Körpergrundierung gehören zur Standardausrüstung von Lateintänzerinnen: Sie garantieren den Latino-Look.

Von Freitag bis Sonntag sind die Garderoben im Multiversum Schwechat im Rahmen der „Austrian Open Championship“ Raum für die Verwandlung von 1300 Paaren. Es gibt 17 Bewerbe in den Disziplinen der Standardtänze (Langsamer Walzer, Tango, Wiener Walzer, Slowfox, Quickstep) und lateinamerikanischen Tänze (Samba, Cha-Cha-Cha, Rumba, Paso Doble, Jive). Höhepunkt ist die Jugend-WM der Lateintänzer.

Er erhoffe sich zumindest einen Finalplatz, sagt Hermann Götz, Chef des österreichischen Tanzsportverbands (ÖTSV). Chancen haben Tim Grabenwöger und Natalie Cremar, die mit 18 Jahren am oberen Ende ihrer Altersklasse stehen. Der bisher größte Erfolg des Paares, das seit April 2017 zusammen tanzt, ist der fünfte Platz bei der Jugend-EM im Zehntanz (Standard- und Lateintänze). „Die Heim-WM bedeutet uns viel“, meint Grabenwöger. Man wolle mit Leidenschaft punkten: „Viele russische Paare werden von Kindheit an gezwungen zu tanzen. Wir machen es freiwillig. Es geht nicht nur um Technik, sondern Gefühl und Liebe für das Tanzen zu zeigen.“

Damit spielte er auf Bewertungskriterien an. Wertungsrichter achten auf Takt-, Rythmusgefühl und Musikalität, Bewegungstechnik, Körperhaltung oder Balance. Sie werten auch die Choreografie, das Zusammenspiel im Paar, ihre Präsentation. Zwar versuchte der Welttanzsportverband diese Wertung zu objektivieren. Doch es hängt viel vom Charisma der Tänzer ab. Nicht umsonst legen Paare so viel Wert auf ihr Äußeres.

Die größte Konkurrenz kommt aus Russland und der Ukraine. Österreich liege mit 20 Paaren in der Allgemeinen Klasse (16 bis 30 Jahre) im Mittelfeld. „Bei der Förderung sind wir Stiefkinder“, so Grabenwöger. Die meisten Paare finanzieren sich selbst, auch Sponsoring ist unüblich.

Mit Schwung: Tim Grabenwöger und Natalie Cremar.
Mit Schwung: Tim Grabenwöger und Natalie Cremar.

Der Erfolg kommt teuer: Vier bis fünf Trainerstunden pro Woche, Reisekosten und Turniergebühren, dazu das Outfit. Bis zu zwanzig Turniergewänder sammelten sich schnell an. Ein Kleid aus einer heimischen Schneiderei kostet zwischen 900 und 3000 Euro. Der Preis ist von der Zahl der Strasssteine abhängig. 18.000 Steinchen pro Kleid sind üblich, mehr als zehn Stunden Klebearbeit auch. Abschrecken lassen sich Tanzbegeisterte davon aber nicht. Bei Schülern, Junioren und über-35-Jährigen sei der Andrang gewachsen, sagt Götz. „Tanzen ist eine attraktive Sportart, durch das Fernsehen bekommt er Aufmerksamkeit.“ Und als Bewegung zur Musik werde er auch von Eltern gefördert.

Einmal mehr wollen die Austrian Open jedenfalls mit ihrem Spezifikum punkten: Zum 53. Mal findet am Sonntag die Wiener Walzer Konkurrenz, ein reiner Wiener-Walzer-Bewerb, statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2019)

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