Pizzicato

Ein Stürmer und Dränger

Herrschaftszeiten“ – im Sinn von „Was waren das für Zeiten“ – rufen viele in München, in Bayern, ja selbst noch jenseits des Weißwurstäquators, da eine Ära zu Ende geht.

Seit Uli Hoeneß vor fast 50 Jahren das Trikot von Bayern München übergestreift hat, war der gebürtige Schwabe ein Meisterhamster: als engellockiger Rechtsaußen, als Manager und Präsident des FC Hollywood.

Kein anderer – kein Beckenbauer, Breitner, Maier, Müller, Rummenigge oder Kahn – stand so sehr für die Abteilung Attacke, den Erfolg, die Arroganz der „Mia san mia“-Mentalität und zugleich die Großherzigkeit. Hoeneß und die Bayern – das war eine Macht, ein Teil der bayerischen Dreifaltigkeit neben der CSU und der Kirche. Als Ministerpräsident oder als Kardinal hätte der cholerische Patriarch sicherlich eine gute Figur abgegeben – und sogar noch als Steuersünder, der seine Haft absaß und so seine Schuldigkeit tat.

Mit 27 Jahren beendete er seine aktive Karriere, mit 67 endet die professionelle. Uli Hoeneß als Pensionist zu Hause am Tegernsee, der mit Blick auf die Berge die Seele baumeln lässt? Undenkbar. Er wird dem Fußball und den Medien erhalten bleiben – als Dickschädel und Quergeist, als Stürmer und Dränger, der die halbe Republik und die Fußballwelt gegen sich aufbringt, mit hochrotem Kopf und einem Fluch auf den Lippen: „Herrschaftszeiten!“ (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2019)

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