Eva Maria Mair hat das Kulturhauptstadt-Konzept federführend mit ausgearbeitet. Jetzt muss es umgesetzt werden.
Reportage

Kulturhauptstadt Bad Ischl: Wie vom Blitz getroffen

Die Bad Ischler freuen sich darüber, Kulturhauptstadt 2024 zu sein, wissen aber noch nicht ganz, was sie damit anfangen sollen. Es herrsche „eine erfreute Betroffenheit“.

„Griaß di, Elfi“, schreit eine Frau am Bad Ischler Wochenmarkt der anderen zu. Und Elfie, mit vollen Sackerln in der Hand, bleibt erfreut stehen. Man kennt sich hier am Ischler Wochenmarkt, auf dem Obst und Gemüse, Fleisch und Wurst aus der Region angeboten werden, aber auch Schaffellpatschen, verschiedene Kräuter, Honigkerzen. „Wie geht's der Gattin?“, fragt ein Mann am Weg zum Markt einen älteren Herrn im Rollstuhl, der seinen Weg kreuzt. „Leider schlechter als mir“, antwortet der. Unweit entfernt steht ein lustiges Grüppchen Senioren und trinkt Prosecco. Es ist elf Uhr Vormittag in einer beschaulichen Stadt.

Dabei ist der Kurort Bad Ischl in den letzten Tagen überall zitiert worden. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Stadt mit anderen Salzkammergut-Gemeinden Kulturhauptstadt 2024 sein wird. Die Freude ist seither groß. Die Sorgen auch. „Die Ischler sind erfreut betroffen. Wie vom Blitz getroffen. Sie leuchten, sind aber noch etwas paralysiert“, sagt dazu etwa Marcus Hofbauer, Besitzer des zentral gelegenen k. u. k. Hofbeisls. Das zeigt sich auch am Markt. „Man muss zeigen, was man hat, aber ich habe schon etwas Angst vor zu vielen Touristen“, sagt etwa ein Marktbesucher. Seine Begleiterin aus Hallstatt pflichtet ihm bei. „Ich lebe im Weltkulturerbe, ich kaufe in der Kulturhauptstadt ein, fehlt nur noch, dass ich mich selbst unter einen Glassturz stelle“, fügt sie fröhlich hinzu. Etwas weiter weg genießen drei Frauen auf ihrer Parkbank eine Zigarette und sinnieren laut darüber, ob Ischl jetzt zum zweiten Hallstatt wird.

Eva Maria Mair sind die Sorgen durchaus bewusst. Die 31-Jährige sitzt in ihrem Büro mitten in der Pfarrgasse. Mair hat gemeinsam mit drei anderen Frauen (Lisa Neuhuber, Heidi Zednik und Petra Kodym), alle aus dem Kunst- und Kulturbereich, federführend das Bidbooks, also das Bewerbungsbuch, ausgearbeitet. Herausgekommen ist ein eher linkes, progressives Konzept, das tatsächlich einen Gegenpunkt zu Ischls verstaubtem Image rund um des Kaisers Geburtstag am 18. August bildet. So war es auch geplant. Man wolle die Tradition nicht verdammen, aber aufbrechen. „Uns ist es ein ehrliches Anliegen, mit dieser Art von Kultur Regionalentwicklung zu betreiben“, sagt Mair, die zwar aus der Region kommt, vor einem Jahr aber für das Projekt wieder zurück aus Wien gezogen ist.

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