Parlementswahl

Mutmaßlicher Wahlbetrug in Weißrussland

Bis zum Nachmittag meldeten die Oppositionsparteien mehr als 500 Unregelmäßigkeiten.
Bis zum Nachmittag meldeten die Oppositionsparteien mehr als 500 Unregelmäßigkeiten.REUTERS
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Die Opposition meldete Hunderte Unregelmäßigkeiten bei der Parlamentswahl. Präsident Lukaschenko kündigte an, für eine weitere Amtszeit kandidieren zu wollen.

Minsk. Begleitet von massiven Betrugsvorwürfen der Opposition ging in Weißrussland (Belarus) am Sonntag die Parlamentswahl über die Bühne. Allein bis zum Nachmittag meldeten die Oppositionsparteien mehr als 500 Unregelmäßigkeiten. Staatschef Alexander Lukaschenko bestätigte bei seiner Stimmabgabe in Minsk unterdessen offiziell seine Kandidatur für eine neue Amtszeit. Die Präsidentenwahl dürfte im August 2020 stattfinden. Lukaschenko hatte in der Vorwoche einen Staatsbesuch in Österreich absolviert.

Die Opposition kritisierte, die Verantwortlichen in den Wahllokalen hätten vor allem die Zahl der Wähler höher angegeben als von Wahlbeobachtern gezählt. Menschenrechtsaktivisten wurden nach eigenen Angaben aus den Wahllokalen vertrieben, in ihrer Arbeit als Wahlbeobachter behindert und am Fotografieren gehindert.

Szenario der Wahlfälschung

Die Behörden hätten das „bekannte Szenario der Fälschungen“ gewählt, sagte Alexej Janukewitsch, Vizepräsident der oppositionellen Volksfront Weißrussland. Zudem waren die wichtigsten Anführer der Opposition sowie die einzigen beiden Oppositionspolitiker im jetzigen Parlament nicht als Kandidaten für die Wahl zugelassen worden.

Nach Angaben der Behörden gaben mehr als ein Drittel der Wahlberechtigten bereits im Vorfeld per Briefwahl ihre Stimme ab. Die Wahlbeteiligung lag am frühen Nachmittag bei mehr als 50Prozent. Die Wahlkommission in Minsk erklärte die Abstimmung damit für gültig.

Lukaschenko, der die ehemalige Sowjetrepublik seit 1994 autoritär regiert und als „Europas letzter Diktator“ gilt, wollte mit der vorgezogenen Parlamentswahl seine Macht festigen. Regulär hätte erst 2020 gewählt werden sollen. Internationale Wahlbeobachter kritisieren die Wahlen in Belarus immer wieder als nicht demokratisch. Das Parlament hat de facto nur eine Alibifunktion, alle wichtigen Entscheidungen trifft der Präsident. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2019)

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