Ein U-Ausschuss ist zwar noch nicht fix, die Grünen fordern ihn aber nun ebenso wie die Neos. Die ÖVP will ein eigenes Gesuch stellen - und auch „SPÖ-Machenschaften“ untersucht sehen.
Die Grünen plädieren angesichts der Affäre um Postenvergaben in den Casinos Austria und anderen öffentlichen Unternehmen für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Parteichef Werner Kogler will darüber mit SPÖ und Neos verhandeln, wie er am Montag sagte. Die Neos hatten einen solchen U-Ausschuss gefordert. Ob das die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP belasten könnte, ließ er offen. Er will ein Transparenz- und Antikorruptionspaket erstellen.
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Kogler will Postenbesetzungen im öffentlichen Bereich generell untersuchen - und zwar auf die Eignung der Kandidaten, auf mögliche unzulässige Einflussnahmen und auf mögliche illegale Gegengeschäfte. Der Untersuchungszeitraum soll seinen Vorstellungen nach "mehrere Jahre zurück" reichen, um auch Vergleiche ziehen und Verbesserungsvorschläge ableiten zu können. Für die Vorbereitung des U-Ausschusses werde es einige Wochen brauchen, glaubt Kogler.
„Neustart für korruptionsfreies Österreich“
Ob es das Verhältnis zur ÖVP belasten könnte, wenn die Grünen einen Untersuchungsausschuss mit SPÖ und Neos verhandelten? "Das weiß ich nicht. Wenn die SPÖ den Untersuchungsausschuss nicht machen wollen würde, würde es das Verhältnis zur SPÖ belasten", so Kogler in Anspielung auf die abwartende Haltung der Sozialdemokraten. Er hoffe jedenfalls, dass aus einem U-Ausschuss "echte Verbesserungen abgeleitet werden können". Der Ausschuss könne "Chancen für einen Neustart für ein transparentes und korruptionsfreieres Österreich" bringen.
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Bei den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP will sich Kogler für ein Paket für Transparenz und "gutes Regieren" einsetzen. "Wir finden uns in der Rolle wieder, in der Aufklärung im Parlament etwas beitragen zu können mit dem Ziel auf Besserung und Neustart in Österreich und gleichzeitig in den Regierungsverhandlungen ein Transparenz- und Antikorruptionspaket zu schnüren, wie es Österreich noch nie gesehen hat", so der Grünen-Chef.
Kogler bekennt sich zu Besetzungen durch Regierung
Grundsätzlich bekenne er sich dazu, dass Postenbesetzungen im öffentlichen Bereich von der Regierung betrieben werden, betont Kogler: "Die jeweiligen Regierungsfraktionen müssen Vertrauen haben." Allerdings müsse auch die Qualifikation der jeweiligen Kandidaten gegeben sein und das sei offenbar gerade bei der FPÖ nicht der Fall gewesen. Die Eignung der Bewerber müsse daher eine besondere Rolle spielen und "in manchen Bereichen wären sogar Hearings denkbar", meint Kogler.
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hegt den Verdacht, dass der Glücksspielkonzern Novomatic in der Zeit der türkis-blauen Regierung versucht hat, im Abtausch für eine FPÖ-freundliche Postenbesetzung in den Casinos Austria zusätzliche Glücksspiellizenzen vom Staat zu erhalten. Die Novomatic hält 17 Prozent an den Casinos Austria und ist damit hinter der tschechischen Sazka-Gruppe (38 Prozent) und der Republik (33 Prozent) drittgrößter Aktionär des teilstaatlichen Konzerns.
Die "Causa Casinos"
Die Bestellung des FPÖlers Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria hat die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Im Vorfeld soll es zu Absprachen zwischen der FPÖ und ÖVP gekommen sein. Deshalb fanden bei Ex-Finanzminister Löger und Aufsichtsratschef Rothensteiner Razzien statt.
Die Ermittler haben laut „Presse“-Recherchen nach ersten Auswertungen von Handys, die im Sommer beschlagnahmt wurden, recht konkrete Verdachtsmomente.
Im Zentrum der Ermittlungen stehen neben dem früheren FPÖ-Bezirkspolitiker Peter Sidlo, der mit Hilfe der Novomatic zum Casinos-Finanzvorstand bestellt wurde, auch Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), der frühere Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), dessen früherer Kabinettchef und nunmehrige Öbag-Chef Thomas Schmid sowie Novomatic-Eigentümer Johann Graf und Novomatic-Vorstandschef Harald Neumann. Ermittelt wird wegen Bestechung sowie gegen die Casinos-Aufsichtsräte Josef Pröll und Walter Rothensteiner wegen Untreue. Alle Beteiligten weisen die Vorwürfe zurück.
SPÖ nach wie vor zurückhaltend
Die Neos haben vorige Woche einen "Posten- und Korruptions-Untersuchungsausschuss" gefordert und Gespräche mit der SPÖ darüber angekündigt. Die SPÖ zeigt sich diesbezüglich aber zurückhaltend. Ein Sprecher des Parlamentsklubs sagte am Dienstag, dass man bisher von einer Fortsetzung der Untersuchungen zum Verfassungsschutz ausgegangen sei - und zwar erweitert um die Ibiza-Affäre.
Aus Sicht der SPÖ könnten die Casinos Austria in diesen Ausschuss einbezogen werden. Und zwar deshalb, weil der Glücksspielkonzern Novomatic im Ibiza-Video explizit angesprochen wird. Im Bezug auf verdeckte Geldflüsse an die Parteien sagt Strache in dem Video nämlich: „Novomatic zahlt alle.“
ÖVP will „SPÖ-Machenschaften“ in Ausschuss untersuchen
In einem etwaigen U-Ausschuss zur Casinos-Affäre will die Volkspartei auch „die SPÖ-Machenschaften in der Casag“ und, wie auch die SPÖ, das Ibiza-Video zum Untersuchungsgegenstand machen. Dies erklärte ÖVP-Klubobmann August Wöginger am Montag in einer Aussendung, der in der Vergangenheit eine "Reihe von möglichen Verstrickungen zwischen der SPÖ und der Casag" ortet. Diese seien jedenfalls "aufklärungsbedürftig", so Wöginger. Die ÖVP behalte sich daher ein eigenes U-Auschuss-Verlangen vor, sollten derartige "wichtige Aspekte" ausgeklammert werden.
Geht es nach FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl, soll sich ein etwaiger U-Ausschuss mit den Postenbesetzungen in staatsnahen Unternehmen der vergangenen zehn Jahre beschäftigen. Kickl will diesbezüglich mit den anderen Parteien Gespräche führen. Thematisiert werden sollen dabei eventuelle Gegengeschäfte, Qualifikationen oder eine mögliche Parteienfinanzierung. Die Themen müssten jedenfalls "sorgsam definiert" werden, so Kickl. Gleichzeitig müsse sich das Parlament auf Bereiche konzentrieren, wo man den Behörden bei laufenden Ermittlungen nicht in die Quere komme.
Geplant ist jedenfalls eine Sondersitzung des Nationalrats zur Causa Glücksspiel. (APA)