Negativrenditen

Wo Schuldenmachen Geld bringt

Negativrenditen sind die neue Realität an den Anleihenmärkten. Doch selbst damit können Investoren Geld verdienen.

Für Ralf Thomas war es vielleicht nicht der schönste Tag seiner Karriere. Aber wohl einer der schöneren. Anfang September konnte der Finanzchef von Siemens bekannt geben, mit Schulden Geld verdient zu haben. Der Industriekonzern schaffte es tatsächlich, mehr als 3,5 Mrd. Euro auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen – zu teilweise negativen Zinsen. Für die Dauer von zwei und fünf Jahren wurde dem Unternehmen Geld von Investoren geliehen. Und statt etwas dafür zu bezahlen, bekam das Münchener Industrieunternehmen das Kapital regelrecht nachgeworfen. Der Konzern refinanzierte sich folglich so günstig wie nie.

Die Niedrigzinsen der Notenbanken haben den Finanzmarkt auf den Kopf gestellt. Normalerweise müssen Schuldner ihren Gläubigern Zinsen zahlen, wenn sie über Anleihen Geld auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. Doch Großanleger, die zum Teil wegen ihrer Anlagevorschriften viel Geld in Anleihen investieren, drängen auf der Suche nach Rendite in den Markt. Sie geben sich mit immer weniger Zinsen zufrieden – oder zahlen sogar drauf, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt. Sie müssen das Geld – und es ist in der Regel das ihrer Kunden – veranlagen, da sie diesen Auszahlungen, etwa in Form von Pensionen oder Lebensversicherungen, versprochen haben. 

Auf Sparbüchern kann man derartige Summen aber schlecht parken. In Aktien zu investieren wird häufig als zu riskant empfunden, da der Markt starken Schwankungen unterliegt. Bleibt also – mehr oder weniger – nur der Rentenmarkt. Sei es, weil die Regularien den Erwerb sicherer Papiere (wie Staatsanleihen mit guter Bonität) vorschreiben oder weil negative Zinsen das geringere Übel und das vergleichsweise geringere Risiko darstellen.

Zinsbelastung sinkt deutlich

Für die westlichen Industriestaaten ist das natürlich eine erfreuliche Entwicklung. Sie mussten in den vergangenen Jahren immer weniger Geld für den Zinsendienst in die Hand nehmen. In Österreich werden den Prognosen zufolge heuer beispielsweise nur noch 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Zinsendienst aufgewendet. 1996 waren es hingegen noch 3,4 Prozent. Allein zwischen 2009 bis Ende 2016 hat sich die Republik durch das historisch niedrige Zinsniveau rund 17 Milliarden Euro erspart.

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