Interview

Öberösterreich muss zurück auf die Überholspur

(c) Eric Kruegl
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Axel Greiner, Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich, über wirtschaftliche Aussichten und notwendige Maßnahmen zur Stärkung des Industriestandorts.


Herr Präsident, das Konjunkturbarometer der IV OÖ ist nach sieben Jahren erstmals wieder in den Negativbereich gesunken. Worauf muss sich die oberösterreichische Industrie einstellen? Kündigt sich da eine nachhaltige Konjunkturdelle an?

Axel Greiner: Die Konjunkturdelle ist bereits Realität geworden. Was sich mit Jahresende 2018 anhand einzelner Indikatoren abzuzeichnen begann, manifestiert sich nun in wichtigen Stärkefeldern der oberösterreichischen Industrie. Generell zeigt die Industriekonjunktur deutlich rückgängige Werte, sämtliche in die Zukunft gerichteten Indikatoren wie Geschäftslage, Produktionstätigkeit oder Ertragssituation in sechs Monaten kippten in den zweistelligen Minusbereich.

Was sind die Auslöser für die Entwicklung, woher kommt die Negativstimmung?

Der Konjunkturrückgang ist vorrangig der international sehr volatilen Situation geschuldet. Der Handelsstreit zwischen den USA und China, die Entwicklungen in der Automobilindustrie und ein weiterhin möglicher No-Deal-Brexit haben dämpfende Wirkung. Dazu kommen internationale Faktoren wie eine zunehmende ökonomische Desintegration, die fortbestehenden Sanktionsregime und eine Reihe politischer Risken. Oberösterreichs Industrie ist stark vom Außenhandel abhängig und kann sich den internationalen Trends nicht entziehen.

Wie viel Luft und Reserven haben Oberösterreichs Industriebetriebe? Wie voll sind die Auftragsbücher? Und wie versuchen die Unternehmen der schleichend hereinbrechenden Krise gegenzusteuern?

Die Bremsspuren sind vor allem in der Automobil- und Maschinenbauindustrie deutlich sichtbar. In anderen Branchen sind die Auftragsbücher noch gut gefüllt. Unser Vorteil ist, dass die oberösterreichische Industrie auf mehreren kräftigen Beinen steht. Wir profitieren davon, dass z. B. die Bau- oder Nahrungsmittelindustrie weiterhin gut ausgelastet ist.

Wie tief kann es gehen und wie lang wird der Konjunkturabschwung dauern? Rechnen Sie mit einem empfindlichen Konjunkturdämpfer oder mit einer nachhaltigen Rezession?

Derzeit steht fest, dass wir uns im kommenden Jahr und auch 2021 auf ein schwächeres Wachstum von rund einem Prozent einstellen müssen. Nur im Fall des Eintretens externer Schockfaktoren durch internationale Entwicklungen ist aus aktueller Sicht eine Rezession vorstellbar. Die Hochkonjunktur ist aber jedenfalls vorbei.

Umso mehr kommt der Politik eine wichtige Rolle zu. In Österreich wird seit dem Bruch der Regierung der Stillstand verwaltet. Rechnen Sie damit, dass es mit der neuen Regierung zu Steuerentlastungen kommen wird?

Unter den aktuellen Vorzeichen braucht es eine Bundesregierung, die proaktiv an die internationalen Herausforderungen herangeht und den Reformkurs der letzten eineinhalb Jahre rasch fortsetzt. Der Weg der Entlastung von Bürgern und Unternehmen muss von der künftigen Bundesregierung konsequent weitergegangen werden. Österreich muss wieder weg vom Pannenstreifen und zurück auf die Überholspur im internationalen Standortwettbewerb.

Zum Fachkräftemangel und Bildungsdilemma: Wie können wir da nachhaltig die Situation für die Industriebetriebe verbessern?

Der Erfolg der oberösterreichischen Industrie basiert auf der Verfügbarkeit von Technikern. Wir brauchen daher wie kein anderes Bundesland Ausbildungsplätze im Schul- und Hochschulbereich. Wir haben ein tolles Curriculum für eine Digital-AHS in Linz ausgearbeitet, das wäre ein österreichweites Leuchtturmprojekt, wie AHS-Schüler hochspannende Digitalkompetenzen erwerben könnten. Das wollen wir mit der neuen Bundesregierung unbedingt umsetzen, und wir könnten es sofort starten!

Welche Hebel für den Standort gibt es noch, was brächte Österreich voran?

Mobilität und Klimawandel sind zentrale Themen jeder neuen Bundesregierung. Wir schlagen zwei Schienenprojekte vor, die sowohl für die Umwelt als auch für die Standortqualität von Österreich radikale Verbesserungen bringen würden: erstens der Neubau des Bosruck-Tunnels für die Attraktivierung der Pyhrn-Schober-Achse im Güterverkehr und zweitens eine direkte Schnellbahnverbindung Linz–Ried–Braunau zum Flughafen München.


In Wien sind gerade Verhandlungen gestartet. Mit welcher Regierung rechnen Sie? Ist Türkis-Grün der Wunsch der Wirtschaft, oder gäbe es eine bessere Option?

Am parteipolitischen Farbenspiel beteiligt sich die Industrie nicht. Wichtig ist, dass die nächste Bundesregierung rasch ins Arbeiten kommt und den Weg der Entlastung, der Deregulierung und der Reformen weitergeht.

ZUR PERSON

Axel Greiner ist Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2019)


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