BWB-Chef kritisiert wettbewerbsfeindliches "Mindset der Beamten"

(c) Clemens Fabry
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Theodor Thanner beklagte, dass er schon seit längerer Zeit bemerke, wie Ermittlungen der Wettbewerbsbehörde vom Wirtschaftsministerium erschwert und behindert würden.

Der Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Theodor Thanner, sieht die Unabhängigkeit der Behörde durch die Regierung gefährdet. Inmitten der Ermittlungen gegen rund 50 Baufirmen zum größten Kartell in der Geschichte drohe das Wirtschaftsministerium, die BWB personell und finanziell auszuhöhlen. "Kartellierung ist eine Form von Korruption", so Thanner. Wer die Aufklärung behindere, mache sich zum Komplizen.

Wenn es eine Weisung des Ministers gibt, "kann es sein, dass ich Mitarbeiter von Hausdurchsuchungen zurückholen muss", warnte Thanner am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Laut Thanner, der der Behörde seit 13 Jahren vorsteht, will das Wirtschaftsministerium durch eine Novelle einen Teilbereich der BWB, die internationale Verbraucherbehördenkooperation, der Weisung unterstellen. Dadurch würde indirekt beeinflusst, wogegen die Behörde ermitteln kann. Wie Thanner sagte, soll der Gesetzesentwurf "demnächst" vorgelegt werden und in Begutachtung gehen. In diesem Punkt gab das Wirtschaftsministerium Entwarnung, die Bundeswettbewerbsbehörde solle weisungsfrei bleiben. “Die Wettbewerbsbehörde ist selbstverständlich weisungsfrei beim Vollzug. In die Kernkompetenz der Behörde wird nicht eingegriffen. Die Umsetzung der EU-Verordnung über die Verbraucherbehördenkooperation fällt jedoch nicht in die Kernkompetenz der Wettbewerbsbehörden", heißt es dazu in einer Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums..

Thanner beklagte am Dienstag vor Journalisten, dass er schon seit längerer Zeit bemerke, wie Ermittlungen der BWB erschwert und behindert würden. So habe ein Mitarbeiter neun Monate auf einen Ausweis warten müssen. Einen solchen Mitarbeiterausweis brauche man aber für Hausdurchsuchungen. Thanner nannte dies "Bürokratiespiele". Auch die Teilnahme an einer Pressekonferenz gegen unfaire Geschäftspraktiken mit der damaligen Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sei versucht worden, zu verhindern. Stattdessen sollte er, so Thanner, in einem monatlichen Jour fixe, berichten, worüber die BWB gerade ermittle. Ein weiteres Beispiel sei das niedrige Ausbildungsbudget der BWB von 130 Euro pro Mitarbeiter und Jahr.

Zu dem von Thanner angesprochenen "administrativen Akt" erklärte der Ministeriumssprecher, dass dies eine reine Budget-Information gewesen sei und keiner Unterschrift bedurft habe.

Einschaltung des Parlaments möglich

Thanner kritisierte ein wettbewerbsfeindliches "Mindset der Beamten" im Wirtschaftsministerium. Das habe sich auch durch die sogenannte Übergangsregierung nicht geändert. So sei im Sommer durch einen "administrativen Akt" versucht worden, dass er, so Thanner, einwillige, dass das Ministerium jederzeit Mitarbeiter und Budget der BWB entziehen könne. "Das habe ich natürlich nicht unterschrieben", sagte Thanner. Dazu erklärte der Ministeriumssprecher, dass dies eine reine Budget-Information gewesen sei und keiner Unterschrift bedurft habe.

Thanner mahnte zu Wachsamkeit. Aus seiner Sicht wäre eine weisungsgebundene Kartellbehörde verfassungs- und EU-rechtswidrig. Auch die EU-Kommission habe ein "wachsames Auge darauf". "Ich vertraue auf den Rechtsstaat", sagte Thanner, der sich "gegebenenfalls, wenn die Behinderungen weitergehen," auch an das Parlament wenden will. Schon seit 2018 werde die Wettbewerbskommission, ein Beirat der BWB, gesetzeswidrig vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) geführt, hieß es von der BWB. Dazu hielt das Ministerium fest: "Die Geschäftsstelle für diese Kommission liegt nach wie vor bei der BWB. Das BMDW stellt lediglich einen Raum für Arbeitstreffen zur Verfügung."

Der BWB-Chef warnte, dass es auch außerhalb Österreichs den Trend gebe, den Wettbewerb einzuschränken. Wenn Politiker in Deutschland und Frankreich wie etwa bei der gescheiterten Bahnfusion von Siemens und Alstom von "europäischen Champions" sprechen, sei das nichts anderes als die Forderung nach einem Monopol. "Champion heißt immer Monopol", das muss man wissen", mahnte Thanner. Dies sei nicht gerade förderlich für Innovation und schade gerade kleineren Ländern und den dortigen kleineren und mittleren Unternehmen (KMU).

(APA)

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