Staatsbetriebe

Politische Postenvergabe gab es immer schon

Eine Untersuchung zeigt: Jede Partei, die bisher in die Regierung kam, hat auch die Aufsichtsräte, Vorstände und Geschäftsführer der staatsnahen Unternehmen umgefärbt. Gewinner ist die ÖVP: Sie hat so viele Posten besetzt, wie SPÖ und FPÖ zusammen.

Wien. Politische Postenvergabe in staatsnahen Unternehmen ist keine Erfindung der türkis-blauen Koalition. Die nun bekannt gewordenen politischen Bestellungen bei den Casinos und in anderen Unternehmen sind auch keineswegs ein Einzelfall. Wie eine Untersuchung der Rechercheplattform „Addendum“ ergibt, lässt sich der Einfluss der Koalitionsparteien bei Postenvergaben bei allen Regierungen nachweisen.

(c) Die Presse

Addendum hat die Besetzungen von Aufsichtsräten, Geschäftsführern und Vorständen von 91 Kapitalgesellschaften, die im Mehrheitseigentum des Bundes stehen, seit dem Jahr 1995 untersucht, wobei für die Phase vor 2010 auf eine Studie des Politikwissenschafters Laurenz Ennser-Jedenastik zurückgegriffen wurde. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Manager stand einer Partei nahe. Die Dunkelziffer dürfte noch um einiges höher sein: In die Liste aufgenommen wurden nur jene Personen, bei denen die Parteinähe klar nachvollziehbar war.

Offensichtlich ist: Immer wenn eine Partei neu in eine Regierung kommt, steigt der Anteil jener Manager, die ihr nahe stehen, stark an – und sinkt auch schnell wieder, wenn die Partei in Opposition kommt (siehe Grafik). Einen besonders starken Anstieg gab es bei der SPÖ in der Ära Klima Mitte der 1990er-Jahre und bei Wiedereintritt in die Regierung unter Bundeskanzler Alfred Gusenbauer im Jahr 2006.

Auch die FPÖ konnte beide Regierungsbeteiligungen für Postenbesetzungen nutzen. Im Jahr 2000 hatte sie dafür die besten Voraussetzungen: Sie erhielt das Finanz- und das Infrastrukturministerium und somit jene beiden Ressorts, die besonders viele Unternehmensbeteiligungen des Staates verwaltete. Eine Besonderheit ist die Amtszeit von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der erst für die FPÖ, dann für die ÖVP das Ressort verwaltete: Bei ihm machten viele Manager ohne Parteinähe Karriere in staatlichen Unternehmen. Allerdings: Viele von ihnen kamen aus dem unmittelbaren Umfeld des Ministers selbst.

ÖVP als Gewinner

Eindeutiger Gewinner bei den politischen Besetzungen ist aber die ÖVP: Sie war von 1986 bis Mai 2019 durchgehend in der Regierung und somit bei Verteilung staatsnaher Posten mit dabei. In der Ära Schüssel hat sie die SPÖ erstmals bei der Zahl der Posten überholt und die Führungsposition auch in der Großen Koalition 2006 bis 2017 beibehalten. Jetzt verfügt die ÖVP über so viele Managerposten, wie SPÖ und FPÖ zusammen. (maf)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2019)

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