Israel reagiert auf Beschuss aus Syrien in der Nacht mit Luftangriffen gegen iranische Al-Quds-Einheiten. Auch innenpolitisch ist es in Israel ein entscheidender Tag.
Bei neuen Angriffen der israelischen Luftwaffe im benachbarten Syrien sind mindestens 14 Menschen ums Leben gekommen. Die Luftschläge richteten sich gegen Truppen, die eng mit Israels Erzfeind Iran verbunden sind. Sie seien eine Reaktion auf iranischen Raketenbeschuss aus Syrien gewesen, teilte die israelische Armee am Mittwoch mit. Inmitten der angespannten Sicherheitslage droht sich auch die politische Krise in Israel zu verschärfen.
Die Frist zur Regierungsbildung stand am Mittwoch kurz vor dem Ablauf, eine Lösung zeichnete sich nicht ab. Ex-Militärchef Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß hatte noch bis Mitternacht (23 Uhr mitteleuropäischer Zeit) Zeit, eine Koalition zu formen. Sollte er scheitern, würde die Wahrscheinlichkeit einer dritten Parlamentswahl innerhalb eines Jahres deutlich steigen.
Gegen den Einfluss des Irans in Syrien
Die israelische Luftwaffe griff in der Nacht auf Mittwoch Dutzende militärische Ziele in Syrien an. In der Nacht zuvor hatte es mehrere Attacken aus dem Nachbarland auf Israel gegeben; nach israelischen Angaben wurden vier Raketen aus Syrien abgefeuert, die alle vom Raketenabwehrsystem Iron Dome (Eisenkuppel) abgefangen wurden.
Israel will mit seinen Luftschlägen den militärischen Einfluss des Irans in dem Bürgerkriegsland zurückdrängen. Die Syrische Beobachtungsstelle meldete am Mittwoch, bei den Angriffen seien elf Soldaten der syrischen Armee und Kämpfer regierungstreuer Milizen getötet worden. Sieben der Todesopfer seien keine Syrer gewesen. Israelische Raketen hätten unter anderem ein Waffenlager der iranischen Al-Quds-Einheit zerstört. Aus Kreisen syrischer Gesundheitseinrichtungen hieß es zudem, es seien im Umland südwestlich der Hauptstadt Damaskus drei Zivilisten getötet worden.
Israels Armee erklärte, sie habe Stellungen der iranischen Al-Quds-Einheit und der syrischen Armee attackiert, unter anderem Boden-Luft-Raketen, Hauptquartiere, Waffenlager und Militärstützpunkte.
Die Al-Quds-Einheit gehört zu den iranischen Revolutionsgarden, einer Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte. Teheran ist im syrischen Bürgerkrieg ein wichtiger Verbündeter der Regierung. Israels Erzfeind Iran unterstützt in Syrien zahlreiche Milizen, deren Kämpfer teilweise aus dem Ausland kommen, etwa aus dem benachbarten Irak.
Niemand will noch einmal wählen
Mit Spannung wird jetzt erwartet, wie es in Israel innenpolitisch weitergeht. Gantz schrieb vor Ablauf der Frist zur Regierungsbildung auf Twitter: "Dritte Wahlen sind eine schlechte Sache, aber grundlegende Prinzipien und Werte können nicht aufgegeben werden. Wir werden jede Anstrengung unternehmen, um zu einer Einigung zu kommen und in der verbleibenden Zeit eine Regierung zu bilden."
Bevor Gantz das Mandat erhielt, war der rechtskonservative Regierungschef Benjamin Netanjahu von der Likud-Partei bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr beim Versuch gescheitert, eine Koalition zu schmieden. Netanjahu ist seit 2009 durchgängig im Amt.
Bemühungen um die Bildung einer Großen Koalition von Blau-Weiß und Likud brachten bisher auch kein Ergebnis. Netanjahu bestand darauf, mit einem ganzen Block rechter und religiöser Parteien in das Bündnis einzutreten. Gantz hat sich jedoch zur Bildung einer liberalen, säkularen Koalition verpflichtet und lehnte auch ein Bündnis mit Netanjahu als Regierungschef ab, weil diesem Anklagen in drei Korruptionsfällen drohen.
Minderheitsregierung als letzte Option?
Als weitere Option wird die Bildung einer Minderheitsregierung gehandelt - Blau-Weiß mit linksliberalen Fraktionen und der Unterstützung der Vereinigten Arabischen Liste von außen. Die arabische Minderheit in Israel, die rund 20 Prozent der Bevölkerung ausmacht, wird von rechten Politikern häufig als heimlicher Feind des jüdischen Staates von innen dargestellt.
Sollte Gantz scheitern, könnte noch drei Wochen lang jeder Abgeordnete 61 Parlamentskollegen für eine Koalition suchen. Scheitert auch dies, stünde Israel eine neue Wahl bevor.
Die Regierungsbildung gestaltet sich so schwierig, weil weder das rechts-religiöse noch das Mitte-Links-Lager über eine Mehrheit verfügt. Avigdor Lieberman von der ultrarechten Partei Israel Beitenu gilt als Königsmacher. Er macht sich für eine Große Koalition von Netanjahus Likud und Blau-Weiß stark. Gantz wäre für eine Minderheitsregierung aber auch auf seine Unterstützung angewiesen. Allerdings gab Liebermann am Mittwoch bekannt, er werde weder Netanjahu noch Gantz unterstützen.
Blau-Weiß war zwar mit 33 von 120 Mandaten als stärkste Kraft aus der Wahl am 17. September hervorgegangen. Der Likud kam auf 32 Mandate. Netanjahu erhielt allerdings 55 Empfehlungen von Abgeordneten für das Amt des Ministerpräsidenten, Gantz eine Stimme weniger.
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(APA/DPA)