Offensive

Wie westliche Influencer Saudi-Arabiens Image verbessern sollen

(c) imago/Westend61 (VITTA GALLERY)
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Saudi-Arabien soll für Touristen interessant werden. Image-Probleme will man unter anderem mit westlichen Influencern beheben. Doch das geht auch immer wieder nach hinten los.

Wüstensand, Abendsonne, majestätische Felsformationen. Die Instagram-Bilder diverser Reise- und Lifestyle-Blogger sprechen eine eindeutige Sprache. Saudi-Arabien sei ein Ort wie aus 1001 Nacht, auch die Assoziation mit Disneys Aladdin wird wenig subtil bemüht.
Hinter der Charme-Offensive steht die Reisefirma "Gateway KSA", die Blogger-Touren organisiert, um das Land für Touristen attraktiv zu machen. Gesponsert wird sie von staatlich kontrollierten saudischen Firmen.

Bisher machte das Land vor allem Negativ-Schlagzeilen. Seit der Ermordung des Journalisten Jala Khashoggi, Berichten über Enthauptungen, Diskriminierung von Frauen und dem Umgang mit Homosexualität, steht Saudi-Arabien in der Kritik. Die Lifestyle-Blogger sollen den Image-Schaden beheben, die schönsten und fotogensten Ecken des Landes in Szene setzen. Auch die kosmopolitischen Seiten sollen gezeigt werden, immerhin dürfen Frauen mittlerweile sogar einen Führerschein besitzen und Auto fahren. Etwas, das noch vor wenigen Jahren undenkbar war.

Tourismus statt Öl

Die Blogger-Offensive steht auch im Zusammenhang mit der Expansion des Visa-Programms. Seit Anfang September sind Touristenvisa für 49 Länder mit einem vereinfachten Verfahren erhältlich. Das Land will sich in Zukunft vom Öl unabhängiger machen. Kronprinz Mohammed bin Salman verfolgt dabei ehrgeizige Pläne, die unter der Strategie "Vision 2030" subsumiert sind. Das Land soll modernisiert werden, alle Veränderungen sollen aber vom Königshaus ausgehen. Neu ist beispielsweise auch, dass öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen wie Konzerte westlicher Popstars staatlich unterstützt und promotet werden. In den Unterhaltungssektor sollen in den nächsten zehn Jahren 64 Milliarden US-Dollar fließen.

Einige Follower lassen sich von der Instagram-Romantik jedoch nicht einlullen. „Haben Sie mal nachgeschaut, wie viele Enthauptungen 2019 in Saudi-Arabien stattgefunden haben“, kommentierte ein User etwa ein Bild von Influencer Mick Salas. „Ja, vergessen wir einfach die Diskriminierung von Frauen, das Fehlen einiger grundlegender Menschenrechte und die Korruption. Solange sie schöne touristische Attraktionen haben, spielt das keine Rolle, oder?“, hieß es zu einem Bild von Bloggerin Alyssa Bossio.

Kritik auf beiden Seiten

Dianelle Rivers Mitchell, ebenfalls Reisebloggerin, erklärte im Interview mit der New York Times, dass sich Influencer zuerst über die Orte informieren sollten, bevor sie sie für einen gratis Trip promoten. "Ich bin schon mit vielen Tourismusverbänden am Konferenztisch gesessen. Sie alle wollten mir den roten Teppich ausrolle, nur um ihr Reiseziel zu bewerben." Oft habe sie abgelehnt, weil Bürger im eigenen Land schlecht behandelt werden. Außerdem könne man nicht davon ausgehen, dass Normalreisende dieselben Erfahrungen machen werden.

Als die Reise-Influencerin Brooke Saward im April von ihrer Pakistan-Reise berichtete, kommentierten ebenfalls viele User, dass sie Sicherheitsbedenken oder Probleme wie die Frauenrechte im Land verschwiegen habe. "Ich bin froh, dass Sie mit ihrer organisierten Reise das Land auf eine neue Art und Weise erkunden konnten, aber ehrlich gesagt ist diese Freiheit und diese Sicherheit für viele Reisenden und sogar für die Bürger des Landes nur schwer erreichbar", kommentierte Journalistin Miranda Green damals.

Kritik gibt es auf beiden Seiten, sowohl in Saudi-Arabien als auch auf Social Media. Mit Härte ging der Staat vor Kurzem gegen den Gelehrten Scheich Omar al-Muqbil vor, der die Politik der General Entertainment Authority (GEA) als Bedrohung für die Kultur des Königreichs kritisiert hatte. Influencer begnügen sich meist damit, unangenehme Kommentare einfach zu löschen.

>> „New York Times"

(chrile )

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