Randerscheinung

Salon „Hund und Herrl"

(c) Carolina Frank
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Der Hund funktioniert ja wie ein Schaf, er haart nicht, dafür muss man ihn regelmäßig scheren.

Man liest ja immer wieder, dass Lehrberufe unterschätzt werden. Und seit ich als Amateurfriseur arbeite, kann ich das nur bestätigen. Mein Salon könnte „Hund und Herrl" heißen, da ich bisher nur Vierbeiner und Herren geschnitten habe. Der Vierbeiner ist natürlich unser Hund und der Herr der Mittlere. Zuerst habe ich begonnen, mit einer handelsüblichen, auf Menschenhaar ausgelegten Bartschneidemaschine den damals noch recht kleinen Hund zu scheren. Der Hund funktioniert ja wie ein Schaf, er haart nicht, dafür muss man ihn regelmäßig scheren. Genau genommen hat man dann die Haare auch überall. Also wäre es richtiger zu sagen, der Hund haart nur alle paar Wochen. Der Menschenbartschneider hatte gegen das Fell eh keine wirkliche Chance, die Sache hat dann damit geendet, dass der Hund die Maschine in einer unbeobachteten Minute zerbissen hat.

Seither habe ich einen Hundehaarschneider, der auch fallweise (nach ausgiebiger Reinigung und mit anderem Aufsatz) für Menschen eingesetzt wird. Genauer gesagt für den Mittleren, der ja gerade Zivildiener ist und immer, wenn ihn jemand danach fragt, was er so macht, einfach sagt: „Ich bin Zivi." Damit fühlt er sich sehr wohl, sagt er. Der Zivi jedenfalls experimentiert derzeit mit seinen ­Haaren, und das endet immer wieder damit, dass ich ihm die Haare mit der Maschine zu einer Stoppelfrisur schneide. Was mit der für voll viel Fell gedachten Hundemaschine in Nullkommanix geht. Inzwischen bin ich so geübt, dass ich dem Buben wunschgemäß ohne gröbere Löcher die Haare seitlich kürzer schneiden kann als oben und der Hund nach der Schur nicht mehr ausschaut wie ein Kamel im Fellwechsel. Wie ich die Haare dann von meinem Gewand bekomme, muss ich noch herausfinden.

("Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 22.11.2019)

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