Eine Reform des EU-Beitrittsprozesses soll parallel mit Verhandlungen laufen und diese nicht blockieren, wie Paris das will.
Brüssel. Österreichs Regierung versucht mit einer eigenen Initiative, die Blockade der EU-Erweiterung um die Westbalkanländer aufzulösen. Nachdem Frankreich eine Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien verhindert hatte und eigene Vorschläge zu Reformen der Aufnahme neuer Mitglieder vorlegte, versucht Außenminister Alexander Schallenberg gemeinsam mit Amtskollegen einen alternativen Weg vorzuzeichnen.
In einem Brief, der gemeinsam mit den Außenministern von Tschechien, Polen, Italien, Slowenien, der Slowakei und Estland unterzeichnet wurde, wird auf die Notwendigkeit der Heranführung der Westbalkanländer verwiesen. Um die Differenzen mit Paris zu beseitigen, wird im Schreiben, das der „Presse“ vorliegt, vorgeschlagen, dass die EU-Kommission bis Jänner Vorschläge zur Reform des Beitrittsprozesses vorlegt. Damit sollen auch – wie Frankreich das gefordert hat – Instrumente geschaffen werden, um Reformen in und die Integration von Beitrittsländern zu erleichtern.
Ziel ist es, dass die Reform der EU-Beitrittspolitik die Heranführung neuer Mitgliedstaaten nicht stoppt, sondern unterstützt, heißt es aus Ratskreisen. Am Mittwoch wurden noch weitere Regierungen motiviert, sich der Initiative anzuschließen. Der Brief soll danach der EU-Kommission übermittelt werden. Schallenberg hatte am Rande eines Treffens mit seinen Amtskollegen in Brüssel betont, dass eine Reform keine Vorbedingung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien sein dürfe.
Paris hatte im Oktober den Beschluss zur Aufnahme von Verhandlungen verhindert und argumentiert, dass die EU derzeit für die Aufnahme neuer Mitglieder nicht bereit sei. Frankreich schlug vor, dass Beitrittskandidaten schrittweise Mitglied werden sollten. Außerdem sollten diese Schritte auch rückgängig gemacht werden können. (wb)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2019)