Impeachment

Diplomatenaussage dürfte Weg für Anklage gegen Trump ebnen

Der von Donald Trump zum EU-Botschafter ernannte Multimillionär Gordon Sondland am Mittwoch vor dem US-Kongress.
Der von Donald Trump zum EU-Botschafter ernannte Multimillionär Gordon Sondland am Mittwoch vor dem US-Kongress.APA/AFP/GETTY IMAGES/Drew Angere
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Er habe auf Weisung des Präsidenten gehandelt, um die Ukraine für dessen persönliche Zwecke unter Druck zu setzen, sagte US-Botschafter Sondland. Noch ist unklar, ob sich die Stimmung innerhalb der republikanischen Partei drehen wird.

New York. In einem Punkt herrschte am Mittwoch in den USA ungewohnte Einigkeit. Ob liberale Kommentatoren auf CNN oder konservative auf Fox News, ob Demokraten oder Republikaner: Alle wussten, dass der vorläufige Höhepunkt im Drama um eine etwaige Amtsenthebung des Präsidenten gekommen war. Gordon Sondland stellte sich dem Kongress. Und der Auftritt des von Donald Trump zum Botschafter bei der EU ernannten Multimillionärs aus Oregon hat in der Tat das Potenzial, das politische Washington auf den Kopf zu stellen.

Tatsächlich stand mit Sondland erstmals ein Vertrauter des Präsidenten den Abgeordneten Rede und Antwort, der in der Ukraine-Politik der Regierung eine zentrale Rolle gespielt hatte. Und der 62-jährige Diplomat, der sich gegen den Willen des Weißen Hauses für eine Aussage entschieden hatte, lieferte Trumps Gegnern einiges an Munition.

Ja, er habe den ukrainischen Staatschef, Wolodymyr Selenskij, dazu gedrängt, Ermittlungen gegen Trumps politischen Widersacher Joe Biden und dessen Sohn Hunter, der in der Ukraine wirtschaftlich tätig war, einzuleiten, gab Sondland an. Der Auftrag dazu sei von Rudy Giuliani, Trumps Anwalt und früherer Bürgermeister von New York, gekommen.

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Und: Der US-Präsident habe ihn, Sondland, persönlich dazu aufgefordert, Giulianis Direktiven zu folgen. „Ich handelte auf Anweisung des Präsidenten“, betonte Sondland.

„Es gab ein Quid pro quo"

Es sei für ihn „wahrscheinlich" gewesen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen den zurückgehaltenen Hilfsgeldern an die Ukraine und der Forderung nach Ermittlungen gegen Bidens Familie gegeben habe. Auf die Frage, ob es in Bezug auf ein Treffen Selenskijs mit Trump im Weißen Haus ein „Quid pro quo", einen Deal, gegeben habe, sagte Sondland: „Die Antwort lautet: ja." Genau das hatte Trump noch stets bestritten.

Sondland berichtete, seine Bedenken unter anderem Vizepräsident Mike Pence mitgeteilt zu haben; auch Außenminister Mike Pompeo habe davon gewusst. Dies ist von Bedeutung, weil Sondland damit nicht nur Trump, sondern im Prinzip die ganze Regierungsspitze belastet.

Pence und Pompeo konnten sich dem Kreuzfeuer der Kritik bisher zum großen Teil entziehen, weil Beobachter davon ausgingen, dass Trump in der Ukraine eine parallele Schatten-Außenpolitik um Giuliani aufgebaut hatte. Pences Stabschef Marc Short teilte am Mittwoch mit, der Vizepräsident habe nie ein Gespräch mit Sondland über Untersuchungen gegen Biden oder über Bedingungen für Militärhilfe für die Ukraine geführt. Und aus dem US-Außenamt hieß es, Botschafter Sondland habe mit Außenminister Pompeo nie über einen Konnex zwischen Ukrainehilfsgeldern und Ermittlungen gegen politische Gegner geredet.

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Rudy Giuliani (75) bestritt die Behauptungen Sondlands. Er habe nie über US-Militärhilfe für die Ukraine mit Schlüsselfiguren in der Affäre gesprochen.

Heute Donnerstag werden eine frühere Mitarbeiterin des Nationalen Sicherheitsrates, Fiona Hill, sowie ein Diplomat der US-Botschaft in der Ukraine, David Holmes, im Repräsentantenhaus befragt.

Ukrainer sorgten sich ums Geld

Vor dem Kongress sagte unterdessen am Mittwoch auch eine frühere Mitarbeiterin des Verteidigungsministeriums aus und unterstützte die Vorwürfe. Laura Cooper sagte, dass die Kiewer Regierung zum Zeitpunkt des Telefonats zwischen Trump und Selenskyj am 25. Juli bereits vom Einfrieren der Millionenhilfe Bescheid wusste. Cooper sagte, ihr Team habe an jenem Tag E-mails von Mitarbeitern der ukrainischen Botschaft in Washington erhalten, in denen diese fragten, was mit dem Geld „los sei". Oberste Verwaltungskreise des Landes hätten sich demnach um die Geldspritze Sorgen gemacht. Bisher hatten alle vom Kongress befragten Zeugen erklärt, dass Kiew erst nach dem Telefonat zwischen Trump und Selenskyj vom Zurückhalten der Militärhilfe erfahren habe.

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Trump distanzierte sich am Mittwoch (Ortszeit) demonstrativ von seinem EU-Botschafter. Er kenne Sondland eigentlich nicht sehr gut, sagte er in Washington. „Ich habe nicht viel mit ihm gesprochen." Spätestens nach der Aussage Sondlands scheint es jedoch unausweichlich, dass das von den Demokraten dominierte Abgeordnetenhaus noch vor Weihnachten ein offizielles Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) gegen Trump einleiten wird. Dafür ist eine einfache Mehrheit nötig.

Alle Impeachments bisher gescheitert

Damit dürfte Trump nach Andrew Johnson (1865-1869) und Bill Clinton (1993-2001) der dritte US-Präsident werden, gegen den ein solches Verfahren eingeleitet wird. Die zwei bisherigen waren freilich gescheitert.

Die Präsidentschaftswerber der Demokraten haben Trump angesichts der Sondland-Aussage scharf attackiert. Senator Bernie Sanders etwa sagte, Trump sei nicht nur ein "pathologischer Lügner", sondern "wohl der korrupteste Präsident" in der modernen Geschichte der USA. Senatorin Kamala Harris sprach von einem „kriminelles Unternehmen" an der Staatsspitze.

Senatorin Elizabeth Warren nahm indes Sondland als Person ins Visier: Der Unternehmer habe keine Qualifikation für einen Botschafterposten gehabt sondern die Position durch eine große Spende an das Trump-Team bekommen. "Mit mir wird es so etwas nicht geben", versprach sie. Dass US-Präsidenten manche Botschafterposten allerdings sozusagen freihändig an ihnen nahestehende Personen vergeben, die nicht aus dem diplomatischen Apparat kommen, ist allerdings ein alter Usus.

Obwohl bereits zahlreiche Parteikollegen ausgestiegen sind bewerben sich noch immer fast 20 Demokraten um die Präsidentschaftskandidatur. Die Vorwahlen beginnen im Februar 2020, die Präsidentschaftswahl ist im November.

Setzen sich Republikaner von Trump ab?

Noch ist unklar, ob sich mit den Anschuldigungen Sondlands auch die Stimmung innerhalb der republikanischen Partei drehen wird. Einige konservative Abgeordnete wie Jim Jordan aus Ohio deuteten im Vorfeld an, dass sie ihre Meinung überdenken würden, wenn auch Sondland Trump belastet. Freilich: Trumps Anhänger geben zu bedenken, dass die Hilfsgelder in Höhe von rund 400 Millionen Dollar letztlich auch ohne Untersuchungen gegen die Bidens überwiesen wurden.

Um den Präsidenten des Amtes zu entheben, wäre im Senat eine Zweidrittelmehrheit nötig. Zwar denken viele konservative Abgeordnete, dass Trumps Verhalten in der Affäre unangemessen gewesen sei. Einen Machtmissbrauch zum eigenen politischen Vorteil, der ein Grund für die Amtsenthebung wäre, orteten sie bisher aber nicht.

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