Kritik

Schubert ist für die Staatsoper zu intim

Ein Hindernislauf: Simon Keenlyside und Thomas Adès mit der „Winterreise“ im Haus am Ring.

Schon das erste Lied der „Winterreise“ („Gute Nacht“) kann einem dienstälteren Bariton zur Herausforderung werden. Opernstar und Publikumsliebling Sir Simon Keenlyside kämpfte dementsprechend bei seiner Interpretation in der Staatsoper am Dienstag mit der Kopfstimme, versuchte immer wieder, ihr Durchschlagskraft und Farben zu geben. Solche Bemühungen zogen sich durch diese ganze „Winterreise“. Klaglos funktioniert seine Stimme noch im Kernbereich, Mühe bereiten mehr die Übergänge – egal, ob man sie nun voix mixte oder Passaggio nennt. Dazu kamen Intonationstrübungen. Das verwundert doch bei einem Klassesänger wie Keenlyside, der sich seit Jahrzehnten mit der „Winterreise“ beschäftigt und sie auch schon des Öfteren in Wien abgeliefert hat. Nomen est omen: Im „Irrlicht“ meisterte er die enormen Distanzen der Tonhöhen nur erschreckend mühsam.

Zum Ausgleich durfte just im 13. Lied („Die Post“) wieder Hoffnung aufkommen, Sir Simon würde den Zyklus von 24 Liedern unfallfrei überstehen. In kommoden Lagen floss die Bruststimme markant. Bis zum finalen, bloß nur mehr im Säuseln angedeuteten „Leiermann“ war es aber doch eher ein Hindernislauf.

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