Treffen in Zagreb

Türkis-Grün elektrisiert Europas Christdemokraten

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EVP-Fraktionschef Weber bezeichnet Österreichs mögliche türkis-grüne Koalition als Zukunftsmodell. Irlands Premier Varadkar spricht von einem „österreichischen Prototypen für Europa".

Zagreb. Die Augen europäischer Christdemokraten richten sich dieser Tage nach Wien. Für Manfred Weber, den Fraktionschef der EVP, kann Türkis-Grün ein „Zukunftsmodell" sein - das bekräftigte der CSU-Politiker am Rande des EVP-Kongresses in Zagreb (Kroatien) vor österreichischen Journalisten.

Weber wollte dabei die unterschiedlichen politische Ansätze nicht unter den Tisch kehren. Anders als die Grünen legten die Konservativen etwa beim Umweltschutz den Schwerpunkt nicht auf Verbotspolitik, sagte Weber. Doch der Bayer unterstrich mehrmals, dass eine Regierungszusammenarbeit der beiden Parteien versöhnend wirken könnte in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft.

Und in Österreich handle es sich zudem um eine Koalition der Wahlsieger, wenn ÖVP und Grüne eine gemeinsame Basis fänden, sagte Weber, um am Ende doch den europaweiten Modellcharakter einer solchen Kooperation zu relativieren: Denn in Süd- und Osteuropa seien die Grünen nach wie vor relativ schwach aufgestellt.

APA/ÖVP

Die Christdemokraten in Westeuropa sind jedoch elektrisiert von der Machtoption. Eine türkis-grüne Koalition in Österreich könne ein Prototyp sein, sagte der irische Ministerpräsident Leo Varadkar zur APA.

„Werde nicht allzu grün, bleib ein bisschen blau"

Der scheidende EVP-Präsident, Joseph Daul, hatte einen scherzhaften Ratschlag für Sebastian Kurz für die Verhandlungen mit den Grünen parat. „Sebastian, werde nicht allzu grün, bleibe ein bisschen blau wie die EVP", rief der Franzose dem ÖVP-Chef zu. Kurz konnte beruhigen: Komplett ergrünen sieht er sich nicht.

Doch Kurz' Gespräche mit den Grünen wecken großes Interesse. In Zagreb erkundigten sich alle seine Gesprächspartner nach dem Stand der Koalitionsverhandlungen - von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel über die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bis zum neuen EVP-Präsidenten.

Der Klimaschutz zog sich wie ein grüner Faden durch den EVP-Kongress in Zagreb. „Wir dürfen grüne Themen nicht nur den Grünen überlassen", erklärte etwa der Ire Varadkar und erinnerte an die Rolle der Christdemokraten beim Pariser Klimaabkommen. Er warnte seine europäischen Gesinnungsfreunde auch davor, grüner zu werden als die Grünen selbst und sich als die „neue Radikalen" in Szene zu setzen.

APA/ÖVP

Diese Gefahr dürfte überschaubar sein. Doch fast alle Redner beschworen in ihren Reden den gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel. Auch Sebastian Kurz bezeichnete in seiner Rede vor dem EVP-Kongress den „respektvollen Umgang mit der Schöpfung" als wesentliches Ziel der Christdemokraten. Dabei müsse man aber auch auf Innovation setzen, nicht nur auf Regulierung. Für den ÖVP-Chef hat jedoch auch der Wirtschaftsstandort Europa Priorität: "Wir sollten alles tun, damit Europa auch im 21. Jahrhundert wettbewerbsfähig bleibt", sagte Kurz.

Auch außenpolitisch dürfe die EU nicht auf den Zuschauerrängen verharren – in einer Ära, in der sich die USA zurückzögen, die Spannungen mit Russland zunnähmen und China an Stärke gewänne.

„Europäische Identität bewahren"

Und drittens müsse die EU im Kampf gegen illegale Migration ihre Außengrenzen schützen, um die europäische Identität zu bewahren. Der EVP komme, so Kurz, dabei eine Schlüsselrolle als Kraft der Mitte zu in einer Gesellschaft, wo der rechte und linke Rand erstarke. Nur wenn die Mitte schwach sei und versage, könnten die Ränder stärker werden, erklärte Kurz.

Eine Lanze brach der Ex-Kanzler auch für die baldige Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit den Westbalkanstaaten. Da ist die gesamte EVP auf einer Linie – und gegen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron geeint.

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