Ausfahrt

Der Sportwagen für SPÖ-Funktionäre

Außen sieht er aus wie der Seat Ateca, innen aber schlummert ein Sportwagen: der Cupra Ateca mit 300 PS.
Außen sieht er aus wie der Seat Ateca, innen aber schlummert ein Sportwagen: der Cupra Ateca mit 300 PS. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Porsche und SPÖ vertragen sich schlecht. Was also tun, wenn man als Politiker gerne sportliche Autos fährt? Über einen Sportwagen, dem man seine Gesinnung nicht ansieht, und eine Ausfahrt, die ein wenig ausgeufert ist.

Es ist so eine Sache mit der Politik und mit Autos. Wenn ein Landeshauptmann eine Bank in den Sand fährt (Stichwort Kärnten und die Hypo Alpe Adria) und der Steuerzahler dafür sechs Milliarden Euro aufbringen muss, regt das weitaus weniger auf, als wenn ein Minister mit einem neuen 7er-BMW vorfährt. Sechs Mrd. Euro sind ein solch fantastischer Betrag, er entzieht sich der Vorstellungskraft der meisten Menschen. Was aber ein 7er-BMW kostet, nämlich nicht wenig, weiß jeder.

Und damit sind wir bei den Porsches der SPÖ-Politiker. Wir wissen nicht, wie viel Thomas Drozda für seinen 911er Targa bezahlt hat – wenn es tatsächlich ein Modell der luftgekühlten 993-Baureihe ist, war es sogar eine gute Wertanlage –, aber der Umstand, dass er einen fährt, sorgte für mehr Diskussionen als die verheerende Wahlniederlage seiner Partei. Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer wiederum erhielt für seinen Porsche Macan österreichweit fast so viel Aufmerksamkeit wie für seine markanten Sprüche.

911er im Rückspiegel

Ein Porsche ist der Traum vieler Autofahrer und deswegen gönnt man ihn auch nur ganz wenigen Personen, aber ganz sicher nicht einem Politiker – schon gar nicht einem einer (ehemaligen) Arbeiterpartei.

Was also tun, wenn man Funktionär der sozialdemokratischen Partei ist und gerne sportliche Autos fährt? Man kauft sich ein Auto, dem man seine Gesinnung nicht ansieht. Beispielsweise eines, das außen einem Seat ähnelt, in dem aber ein Porsche schlummert.

(c) Die Presse (Clemens Fabry)

Und damit sind wir bei einer der interessantesten automobilen Neugründungen der jüngeren Zeit: Cupra – eine Marke, die uns „einen SUV mit dem Herz eines Sportwagens“ (Eigendefinition) vor die Tür stellte. Die Hülle kommt vom Seat Ateca, der 2,0-Liter-Benzinmotor mit 300 PS aus dem VW-Konzern, wo er etwa im Audi S3 Sportback eingesetzt wird, die Vorderradaufhängung von McPherson und die Bremsen (auf Wunsch) von Brembo. Damit lässt sich schon etwas anfangen.

Was genau, haben wir bei einer lustvollen Fahrt durch die venetischen Dolomiten und über das Hahntennjoch in Tirol – ja, die Ausfahrt ist ein wenig ausgeartet – festgestellt. Auf dem Weg über das Joch ins Lechtal tauchte kurz nach Imst ein 911er mit Münchner Kennzeichen im Rückspiegel auf. Wir fuhren respektvoll zur Seite, stellten dann aber doch den Fahrmodus auf „Cupra“ (ein Setting über „Sport“) und hängten uns an den Doppelauspuff an (unser Cupra hat übrigens vier Endrohre).

Natürlich ist das unter normalen Umständen kein Wettbewerb. Nicht einmal dann, wenn zwei ausgewachsene Bayern im Porsche säßen und sich das Gesamtgewicht damit dem Leergewicht des Cupra annäherte (knapp unter 1600 Kilogramm). Aber der hochgezüchtete Spanier bemühte sich redlich, lenkte direkt in die Kurven ein, aus denen er uns mit einem Drehmoment von 400 Newtonmeter wieder herauskatapultierte, um dann kernig und kontinuierlich bis in den roten Bereich (6500 Umdrehungen/Minute) hochzudrehen und dank des Siebengang-Doppelkupplungsgetriebes geschmeidig in den nächsten Gang zu schalten.

(c) Die Presse (Clemens Fabry)

Wahrscheinlich kannte der gereiftere Herr im 911er das Hahntennjoch nicht so gut, vielleicht schonte er auch das Auto oder die Nerven der Beifahrerin – so oder so, beim Gasthaus Pfafflar parkten wir uns jedenfalls knapp hintereinander rechts ab, um die Bremsen auskühlen zu lassen.

„A bärig's Auto“, meinte der Bayer mit einem Kopfnicken Richtung Cupra. Dass sein Porsche auch nicht schlecht ist, muss man nicht extra erwähnen, wir taten es bei einem Espresso und einem hausgemachten Kuchen dann doch. Er sei, berichtete der Mann, in Imst mit zwei Freunden losgefahren – der eine in einem Audi TT, der andere in einem BMW 4er Cabrio. So lange wollten wir nicht warten, wir verabschiedeten uns mit einem kräftigen „Pfiat eich“.

Gemütliches Gleiten

Den Rest der Strecke Richtung Stanzach legten wir gemütlich im Komfortmodus zurück, auch, um dem Cupra etwas Gutes zu tun. Denn nach einer solchen Ausfahrt laufen die Kühlventilatoren unter der Motorhaube auf Hochtouren. Außerdem genießt man das schöne Lechtal und das noch schönere Tannheimer Tal ohnehin am besten deutlich unter der erlaubten Höchstgeschwindigkeit weit am rechten Rand, damit die vielen Motorradfahrer problemlos überholen können.

(c) Die Presse (Clemens Fabry)

Das ist die andere Seite des Cupra. Es gibt kein nervöses, zappeliges Ruckeln, wie man es bei manchen aufgemotzten Gefährten erlebt. Man gleitet entspannt dahin – wohl wissend, dass man genug unter der Motorhaube hat, um zu können, wenn man will.

Womit sich der Kreis schließt und wir wieder bei der SPÖ und den Porsches sind. „Presse“-Leser Günther Effenberger, Gründer des lesenswerten Magazins „Alles Auto“, hat uns auf einen interessanten Umstand aufmerksam gemacht: Bruno Kreisky, die Ikone der Sozialdemokratie, fuhr – nein, nicht Porsche, aber Jaguar. Zuerst ab Mitte der 1970er-Jahre einen XJ12 der Serie 2 mit einem Zwölfzylindermotor mit 285 PS, später einen XJ6. In den Archiven der „Presse“ finden sich keine Berichte über empörte Debatten.

CUPRA ATECA 2.0 TSI 4DRIVE

Maße: 4376/2078/1615 mm, Radstand: 2631 mm, Leergewicht: 1615 Kilogramm (mit Fahrer), Ladevolumen: min. 485 Liter

Motor: R4-Zylinder-Otto-Turbo, 1984 ccm, Leistung: max. 221 kW (300 PS) bei 5300–6500/min, Drehmoment: max. 400 Nm, Allradantrieb, Siebengang-DSG, 0–100 km/h in 5,2 sec, Vmax: 247 km/h, Testverbrauch auf dieser Ausfahrt: 8,9 l/100 km

Preis: ab 47.990 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2019)

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