Sanktionen - und wie man sie umschifft

Hafen bei Dubai
Hafen bei Dubai(c) AP (Kamran Jebreili)
  • Drucken

Der Iran entwickelte in den vergangenen Jahren eine ziemliche Geschicklichkeit dabei, einen Bypass um die Strafmaßnahmen der UNO zu legen. Ein Netz von Scheinfirmen spielt dabei eine wichtige Rolle.

"Von links und rechts verabschieden sie Resolutionen, aber für uns sind sie wie lästige Fliegen, wie ein gebrauchtes Taschentuch." Dass Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad sich über die neuen Iran-Sanktionen, die der UN-Sicherheitsrat am Mittwoch verabschiedete, lustig machen würde, war ja vorauszusehen.

Die Sanktionen mögen zwar ein wenig lästig für Teheran sein, ein elementares Problem seien sie aber nicht, suggeriert Ahmadinejad mit dieser Aussage. Sie enthält mehr als ein Körnchen Wahrheit: Denn während der vorangegangenen drei Sanktionsrunden hat das Regime eine ziemliche Geschicklichkeit dabei entwickelt, die Strafmaßnahmen des UN-Sicherheitsrates zu umgehen.

Vorwürfe gegen Russland und China

US-Regierungsvertreter klagten wiederholt, speziell Russland und China würden die Sanktionen unterlaufen. Die beiden Länder - Vetömächte im Sicherheitsrat - haben starke Wirtschaftsinteressen im Iran. Auch ein Vertreter des israelischen Außenministeriums warf im Februar gegenüber der "Presse" Moskau und Peking vor, sich nicht immer an die Strafmaßnamen zu halten, die sie selbst mitbeschlossen haben. Wobei Russland und China ohnehin jedesmal dafür sorgen, dass die Resolutions-Entwürfe verwässert werden.

Die wichtigsten Punkte der Resolution 1929

* Die Liste jener Personen, gegen die Reisebeschränkungen gelten und deren Auslandskonten eingefroren werden, wird ausgeweitet. Um die Namen auf der Liste wurde bis zuletzt gestritten.

* Finanztransaktionen, die in Zusammenhang mit dem iranischen Atomprogramm stehen, sollen unterbunden werden. Iranischen Banken kann die Eröffnung von Filialen im Ausland verboten werden.

* Das Waffenembargo gegen den Iran wird ausgeweitet. Betroffen sind vor allem schwere Waffen sowie Kampfhubschrauber- und -flugzeuge, Panzer oder Raketen und Raketentechnik.

* Alle Staaten sind aufgefordert, Fracht in den oder aus dem Iran zu inspizieren, ob sich darin Güter befinden, die nach den Resolutionen verboten sind.

Eine zentrale Rolle bei der Umgehung der Sanktionen spielte bisher offenbar die staatliche iranische Schifffahrtslinie IRISL. Sie steht den Revolutionsgarden nahe, die das iranische Atomprogramm kontrollieren. 2008 wurde sie deshalb von den USA auf eine schwarze Liste gesetzt, Großbritannien - als wichtigster Platz für Schiffs-Versicherungen - zog nach.

Schiffe wurden einfach umbenannt

Auf mysteriöse Weise sank nun die Zahl der Schiffe von IRISL in zwei Jahren von 123 auf 46, wie die "New York Times" berichtete. Sie wurden freilich nicht abgewrackt, sondern erhielten nur neue Namen und wurden an frisch gegründete Scheinfirmen weitergereicht. IRISL besaß sogar die Dreistigkeit, eines der Schiffe in "Alias" umzubenennen.

Einige der Schiffahrtslinien, die dem Iran als Strohfirmen dienen, sind sogar in der EU registriert, etwa auf Malta, Zypern, oder in Deutschland. Die US-Behörden versuchen zwar, diesen systematischen Verschleierungsversuchen auf die Schliche zu kommen, aber die Iraner sind freilich immer einen Schritt voraus: "Wir haben es mit Leuten zu tun, die so gerissen sind wie wir - und sie können unsere Liste lesen", zitiert die "New York Times" Stuart Levey, einen Unter-Staatssekretär der US-Regierung.

Künftig mehr Inspektionen möglich

Die neuen UNO-Sanktionen sollen nun mehr Handhabe bieten: Bisher waren nur Inspektionen von Schiffen erlaubt, die eindeutig zur IRISL gehörten. Nun sollen Inspektionen in allen Fällen möglich sein, in denen ein Bruch der Sanktionen vermutet wird, vor allem des Waffenembargos. Selbst das Chartern von Schiffen - bisher ebenfalls eine Möglichkeit, das Embargo zu unterlaufen - birgt für den Iran also künftig Risiken, dass der Schmuggel auffliegt.

Ein wichtiger Warenumschlagplatz für den Import legaler wie illegaler Güter ist für den Iran Dubai: Trotz dreier Sanktionsrunden stieg der Warenverkehr laut offziellen Angaben des Golf-Emirats in den verganenen Jahren auf 12 Milliarden Dollar. Tausende iranische Firmen, oft mit Verbindungen zu den Revolutionsgarden, sind in Dubai aktiv.

Abu Dhabi ist strikter als Dubai

Und wie stark die Kontrolle der UN-Sanktionen ausfällt, liegt ganz im Ermessen der lokalen Behörden. Wobei es nicht einmal innerhalb der Vereinigten Arabischen Emirate eine einheitliche Auffassung gibt: Abu Dhabi etwa ist strikter als Dubai.

Dass die gegenwärtigen Sanktionen den Iran nicht von seinem Atomprogramm abbringen werden (können), darin stimmen viele EU-Staaten offenbar ausnahmsweise mit Ahmadinejad überein: Am Donnerstag ventilierten EU-Diplomaten, dass die Union sich bereits nächste Woche auf weitere Strafmaßnahmen einigen könnte, die über die jüngste UN-Resolution hinausgehen.

(hd/Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

ExIAEAChef bdquoWer spielt sofort
Außenpolitik

Ex-IAEA-Chef: „Wer spielt sofort die Trümpfe aus?“

Ex-IAEA-Chef Blix über Schwächen der westlichen Strategie.
Reaktionen Haben historische Gelegenheit
Außenpolitik

Reaktionen: "Haben historische Gelegenheit vergeben"

Die Reaktionen auf die vierte Sanktionsrunde gegen Teheran sind unterschiedlich.
Atomstreit: Neue UN-Sanktionen gegen Iran beschlossen
Außenpolitik

Atomstreit: UN-Resolution trocknet Irans Geldquellen aus

Die Vereinten Nationen erhöhen den Sanktionsdruck auf den Iran. Auch Österreich stimmt im Sicherheitsrat dafür. Der Iran zeigt sich von der neuen UN-Resolution unbeeindruckt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.