Der frühere FPÖ-Chef geht auf Konfrontationskurs mit seiner Partei. Das könnte das freiheitliche Lager spalten.
Leidet da jemand an Realitätsverlust? Heinz-Christian Strache hat seiner Partei so einiges „angeboten": Zum Beispiel, seine Suspendierung zurückzunehmen. Und den Parteiausschluss seiner Frau Philippa zurückzunehmen. Ernsthaft? Macht Strache vielleicht auch Polizisten das Angebot, ein Strafmandat zurückzunehmen? Und Richtern das Angebot, ihr Urteil zu revidieren?
Mehr Kopfzerbrechen wird der FPÖ-Führung das „Angebot“ machen, an die Spitze der Wiener Landespartei zurückzukehren. Denn das kann sie vor ernsthafte Probleme stellen. Aber auch hier fragt man sich: Was hat sich Strache dabei gedacht? Rekapitulieren wir: Im Mai hat er unter dem desaströsen Eindruck des Ibiza-Videos sämtliche politischen Funktionen zurückgelegt. Im Oktober hat er seine Parteimitgliedschaft ruhend gestellt, jegliche politische Aktivität eingestellt und angekündigt, kein Amt und keine Funktion mehr anzustreben.
Und es ist ja keineswegs so, dass der ehemalige Parteichef und Vizekanzler entlastet wäre. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gleich in drei Fällen gegen ihn: Wegen des Ibiza-Videos selbst, wegen der Postenbesetzung bei den Casinos und möglichen „Hintergrunddeals“ dazu und wegen der Spesenaffäre.
Vier Wahlen hat die FPÖ jetzt hintereinander verloren, zu einem guten Teil wegen der Affären, in die ihr Ex-Parteichef verwickelt ist. Und der will jetzt zurück an die Spitze? Obwohl es jederzeit eine Anklage geben könnte? Für die Freiheitlichen wäre sein Antreten beim Parteitag trotzdem eine Zerreißprobe, denn Strache hat immer noch eine treue Anhängerschaft innerhalb und außerhalb der Partei. Da steht ein Machtkampf an, der der FPÖ ernsthaft schaden kann. Ausgetragen würde er vorerst über Formalismen: Kann ein suspendiertes Mitglied überhaupt kandidieren? Welche Rechtsfolgen hat eine Suspendierung überhaupt?
Letztlich läuft alles auf einen Parteiausschluss des früheren Obmanns hinaus, was das Problem für die FPÖ aber auch nicht lösen würde. Denn dann hätte Strache die Option, mit einer eigenen Liste bei der Wien-Wahl anzutreten. Und das würde das freiheitliche Lager erst recht spalten.
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