Schuldenkrise: Eurostat darf bald Länder inspizieren

Schuldenkrise Eurostat darf bald
Schuldenkrise Eurostat darf bald(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Neue Rechte bei der Haushaltskontrolle sollen Fälle wie Griechenland verhindern. Um künftig die Kontrolle zu verbessern, wird ein Teil der insgesamt 900 Beamten von Eurostat zu Buchprüfern aufgewertet.

WIEN. Was ist eine Kontrolle wert, die auf freiwillig übermittelten Daten beruht? Wenig. Das wurde am Fall von Griechenland deutlich, das dem Statistikamt der EU, Eurostat, jahrelang geschönte Zahlen zu seinem Staatshaushalt übermittelt hatte, bevor das wahre Ausmaß seiner Schuldenkrise offenbar wurde.

Nun soll ein ähnliches Desaster mit ausgeweiteten Rechten für Eurostat verhindert werden. Das Amt mit Sitz in Luxemburg wird künftig im Verdachtsfall sogar Inspektionen in den Mitgliedstaaten durchführen können.

Die von Eurostat gesammelten Daten sind die Grundlage für die jährlichen Berichte der EU-Kommission zur Haushaltssituation in den 27 Mitgliedstaaten und für die Einleitung von Sanktionsverfahren gegen jene Länder, die entsprechend dem Euro-Stabilitätspakt ausufernde Defizite aufweisen.

Um künftig die Kontrolle zu verbessern, wird ein Teil der insgesamt 900 Beamten von Eurostat zu Buchprüfern aufgewertet. Sie werden selbstständig überprüfen können, ob die von Mitgliedstaaten übermittelten Daten korrekt sind. Die Behörde muss zu diesem Zweck Zugang zu allen Haushaltsdaten von Bund, Ländern und Gemeinden erhalten. Und sie darf die ihr übermittelten Daten auch vor Ort unter die Lupe nehmen.

„Eine größere Verlässlichkeit der Statistiken ist für die Umsetzung des Stabilitätspakts notwendig“, erklärte EU-Währungskommissar Olli Rehn die Ausweitung der Eurostat-Kompetenzen. Applaus für die Maßnahme kommt auch aus dem Europaparlament: „Während Schummelschinken in der EU sehr rasch verboten wurde, konnten sich Schummelbudgets bis jetzt halten“, sagt Europaabgeordneter Othmar Karas. Er hat sich in einem Bericht für das Parlament ebenfalls für mehr Kontrollrechte ausgesprochen. „Jetzt muss die Kommission die neuen Eurostat-Kompetenzen aber auch wirklich nutzen, um nationale Budgetdaten genau zu überprüfen“, fordert der ÖVP-Europaabgeordnete.

Für die Umsetzung der neuen Eurostat-Rechte ist freilich noch ein Beschluss des Europaparlaments ausständig. Die EU-Finanzminister haben erst diese Woche der Machtausweitung für Eurostat per Verordnung grünes Licht gegeben.

Erste Prüfung in Bulgarien

Eine erste Gelegenheit, die erweiterten Rechte der Luxemburger Buchprüfer zu nutzen, bietet sich in Bulgarien. Die EU-Kommission hat vor wenigen Tagen Bedenken geäußert, dass die bulgarische Regierung korrekte Budgetdaten übermittelt hat. Währungskommissar Rehn kündigte an, er werde – sobald dies rechtlich möglich ist – ein Team nach Sofia entsenden, um die übermittelten Zahlen zu überprüfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2010)

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