Theaterpreis

Nestroy: Hommage an die Egalität

Für ihr Lebenswerk wurde die Regisseurin Andrea Breth ausgezeichnet. Den Preis übergab ihr der Schauspieler Peter Simonischek.
Für ihr Lebenswerk wurde die Regisseurin Andrea Breth ausgezeichnet. Den Preis übergab ihr der Schauspieler Peter Simonischek.(c) APA/HANS PUNZ
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Der Theaterpreis feierte sein Jubiläum, die Preisträger thematisierten Diskriminierung. Unter vielen anderen wurde Steffi Krautz ausgezeichnet.

Lange Abendroben, Smokings und blitzende Kameras – im Theater an der Wien versammelte sich am Sonntagabend die Theaterprominenz. Denn der Nestroy, Wiens Theaterpreis, feierte sein 20. Jubiläum.

Umgebaut werden musste für die Verleihung praktischerweise nicht – das Bühnenbild aus der aktuellen Produktion „La vestale“ sorgte mit im Halbkreis drapierten Glühbirnen für den Showeffekt. Und gleich in der Eröffnungsmoderation von Maria Köstlinger, Florian Teichtmeister und Peter Fässlacher wurde ein Thema angesprochen, das sich durch den ganzen Abend ziehen sollte: Die Gleichstellung von Frauen im Theaterbetrieb.

Die Theaterwelt habe sich in den letzten zwei Jahrzehnten völlig verändert, so die Moderatoren. „Vor 20 Jahren gab es mit Emmy Werner im Volkstheater nur eine einzige Frau an der Spitze eines der großen Wiener Theater“, sagte Köstlinger, um dann an den baldigen Abtritt von Volkstheater-Direktorin Anna Badora zu erinnern. „Ab nächstem Jahr gibt es dann gar keine Frau an der Spitze eines der großen Wiener Theater“, so Köstlinger. „So ändern sich die Zeiten.“ Und manches ändere sich nie: „Etwa das Kulturbudget.“

Steven Scharf ist bester Schauspieler.
Steven Scharf ist bester Schauspieler.(c) APA/HANS PUNZ

Mehr Geld für Kultur verkündet

Bevor die goldenen Preise den Besitzer wechselten, schwelgte man noch mit einem Video-Zusammenschnitt in Erinnerungen. Den ersten diesjährigen Nestroy nahm dann der deutsche Bühnenbildner Raimund Orfeo Voigt für die beste Ausstattung in „Der einsame Weg“ am Theater in der Josefstadt und „Sommergäste“ bei den Salzburger Festspielen entgegen.

Dann kam Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler auf die Bühne, um den Spezialpreis zu vergeben. Zuerst widersprach sie aber noch Köstlinger zum Thema Kulturbudget: „Ich kann sagen, ich darf morgen im Gemeinderat verkünden, dass es eine über zehnprozentige Steigerung des Kulturbudgets geben wird.“

Für einen der emotionalsten Momente des Abends sorgte wenige Minuten später der schwedische Künstler Markus Öhrn, als er für „3 Episodes of Life“ den Spezialpreis in Lederjacke und Schnürboots entgegennahm. Die dreiteilige Koproduktion, die bei den Wiener Festwochen im Studio Molière uraufgeführt wurde, widmet sich der #MeToo Bewegung.

Steffi Krautz ist beste Schauspielerin.
Steffi Krautz ist beste Schauspielerin.(c) APA/HANS PUNZ

Ruf nach mehr Gleichstellung

An diese erinnerte Öhrn auch in seiner Dankesrede und forderte betroffene Kolleginnen auf, nicht zu schweigen. Die Täter würden langsam wieder ihren Weg zurück in die Theaterhäuser finden, ortete er. Die Entscheidung, ob man Gleichberechtigung ernst nehme oder nicht, liege nun „in unserer Hand“. Falls man sich gegen die Gleichstellung von Frauen entscheide, kündigte Öhrn an: „Dann bedeutet mir dieser Preis nichts.“ Unter viel Applaus verließ er die Bühne.

Als beste Schauspielerin wurde Steffi Krautz für ihre Rolle der Blanche DuBois in „Endstation Sehnsucht“ am Wiener Volkstheater prämiert. Unter anderem gegen Caroline Peters, die in Salzburg die nächste Buhlschaft spielen wird, konnte sie sich durchsetzen. Einen Seitenhieb gab es an dieser Stelle an die Medien – man hätte Peters als zu alt für die Rolle beschrieben. „So etwas schreibt man heute nicht mehr über Frauen“, sagte Krautz dazu. Und ergänzte: „Oder über Männer.“

Mit Geschlechterkategorien könne der Nestroy-Gewinner in der Kategorie Bester Nachwuchs männlich, Moritz Beichl, nicht viel anfangen. „Andererseits, denke ich mir, kann ich so nächstes Jahr als bester Nachwuchs weiblich auch noch gewinnen.“ Der Regisseur, geboren 1992, wurde für seine Inszenierung von Paulus Hochgatterers Roman „Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war“ am Landestheater Niederösterreich geehrt.

Nachwuchs: Beichl, Teichtmeister und Rieser.
Nachwuchs: Beichl, Teichtmeister und Rieser.(c) APA/HANS PUNZ

Der diesjährigen Gewinnerin in der weiblichen Kategorie, Anna Rieser, schien es vor Freude die Sprache zu verschlagen, als die 1989 geborene Schauspielerin den Nestroy für „Dogville“ in den Händen hielt. Als sie wieder Worte fand, grüßte sie Oma und Opa in Gastein. Der Familie winkte dann auch Evi Kehrstephan, als sie für ihre Darstellung der Nebenrolle Anna in „Biedermann und die Brandstifter“ am Volkstheater den Preis bekam.

Die Auszeichnung für den besten männlichen Schauspieler durfte Steven Scharf mit nach Hause nehmen, der sich „tierisch freute“. Er wurde für seine Leistung in Simon Stones „Medea“ am Burgtheater und Georg Büchners „Woyzeck“ in einer Koproduktion ausgezeichnet. Für die Regie in Letzterem bekam Johan Simons ebenso den Nestroy verliehen.

Standing Ovations für Breth

Der letzte Preis, der an diesem Abend vergeben wurde, sorgte für Standing Ovations. Für ihr Lebenswerk wurde Andrea Breth ausgezeichnet – und es ist bereits der vierte Nestroy, den die Regisseurin entgegennimmt. Schon mit 14 Jahren wollte Breth Regisseurin werden, erzählt sie in ihrer Dankesrede. „Aber es war sehr schwer, sich als Frau in diesem Beruf durchzusetzen.“

Als Breth hörte, dass sie für ihr Lebenswerk ausgezeichnet werden soll, hätte sie sich „ein bisschen erschrocken“. Die eine oder andere Produktion plane sie schon noch zu machen, kündigte sie an. Ob sie bald einen fünften Nestroy in den Händen hält, scheint also noch offen zu sein.

Die Preisträger 2019

Steffi Krautz (Beste Schauspielerin), Steven Scharf (Bester Schauspieler), Evi Kehrstephan (Beste Nebenrolle), Johan Simons (Beste Regie), Anna Rieser (Bester Nachwuchs weiblich), Moritz Beichl (Bester Nachwuchs männlich), Sibylle Berg (Bestes Stück Autorenpreis), Raimund Orfeo Voigt (Beste Ausstattung), Andrea Breth (Lebenswerk), „3 Episodes of Life“ (Spezialpreis, Koproduktion Wiener Festwochen und Institutet), „The Bruno Kreisky Lookalike“ (Beste Off-Produktion, Koproduktion Toxic Dreams und WUK performing arts), „Dionysos Stadt“ (Beste Aufführung deutschsprachiger Raum, Münchner Kammerspiele), „Die Revolution frisst ihre Kinder!“ (Beste Bundesländer Aufführung, Schauspielhaus Graz und Africologne-Festival).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2019)

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