Kunstraub

Dresden: Filmreifer Coup in der Schatzkammer

Ausgeraubt: das „Juwelenzimmer“ in der Dresdner Schatzkammer.
Ausgeraubt: das „Juwelenzimmer“ in der Dresdner Schatzkammer.(c) APA/AFP/dpa/SEBASTIAN KAHNERT
  • Drucken

Eine Bande plündert in Dresden eines der bekanntesten Museen Europas. Der Ministerpräsident spricht von einem „Anschlag auf die kulturelle Identität aller Sachsen“.

Berlin/Dresden. Dort glänzt das Gold, dort funkelt der Bernstein: Das „Grüne Gewölbe“ im Residenzschloss in Dresden ist eine Schatzkammer von Weltrang. Doch an diesem Montag ist das Museum zuallererst Tatort. Es bildet die Kulisse für einen der spektakulärsten Kunstraube der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Der Coup trug sich kurz vor fünf Uhr früh zu: Über ein Fenster stiegen mindestens zwei Räuber ins Museum ein, zertrümmerten eine Vitrine aus Sicherheitsglas und entwendeten mindestens drei Juwelen-Garnituren. Die beiden Sicherheitsmänner im Museum schlugen um 4.59 Uhr Alarm. Doch den Räubern glückte die Flucht und zwar Berichten zufolge über einen Schacht. Die Museumsleitung ist konsterniert. Ein „Staatsschatz des 18. Jahrhunderts“ sei da gestohlen worden, die Juwelen nicht als Einzelstücke, aber im Ensemble von „unschätzbarem“ Kulturwert und natürlich „unverkäuflich“, erklärt später Marion Ackermann, die Generaldirektorin. Den Geldwert beziffert sie nicht.

Stromversorgung lahmgelegt?

Alle Welt wundert sich nun, wie das passieren konnte, wo doch die Prunksäle des „Grüne Gewölbes“ als streng gesichert gelten. Von einem „unfassbaren Geschehen“ spricht auch der Staatsanwalt.
Der zeitgleiche Brand eines Trafohäuschens unter der Augustinerbrücke nährt Spekulationen, die Täter könnten die Stromversorgung des Museums teilweise lahmgelegt haben. Doch zumindest die Überwachungskamera lieferte noch Bilder. Sie zeigen zwei Räuber, wie sie sich im Juwelenzimmer ans Werk machen.

Natürlich weckt der Fall Erinnerungen an den Einbruch im Berliner Bode-Museum, aus dem 2017 die zweitgrößte Goldmünze der Welt gestohlen worden war.

Der filmreife Coup in Dresden versetzt die Stadt an der Elbe und den Freistaat in Aufregung. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer eilte zum Tatort. „Nicht nur die Staatlichen Kunstsammlungen wurden bestohlen, sondern wir Sachsen“, erklärte er und sprach von einem „Anschlag auf die sächsische Identität“.

In Sachsen gibt man viel auf die eigene Geschichte, die eng mit dem Haus Wettin verwoben ist. Ein Spross des Adelsgeschlechts, „August der Starke“, der sächsischer Kurfürst und polnischer König war, baute die Schatzkammer bis 1730 aus, deren Name von der malachitgrünen Bemalung der Säulen rührt. Der Zweite Weltkrieg zog das Schloss arg in Mitleidenschaft, die Sammlung war aber schon weggebracht. 2006 dann der große Höhepunkt, als die zerstörten Prachtzimmer des Grünen Gewölbes rekonstruiert waren.

Schon die Namen der Ausstellungsräume deuten Prunk und Kostbarkeiten an: Bernstein-Kabinett, Pretiosensaal, Elfenbein-Zimmer. Mit größter Sorgfalt schienen Sachsens Stellen den Schatz zu beschützen. Der täglich begrenzte Zugang zu den 3000 Kulturgütern führt durch eine Schleuse, die Gäste von Staub und Schmutz befreien soll.

Ein wenig Glück im Unglück liegt nun darin, dass das bekannteste Museumsobjekt als Leihgabe in sicherer Distanz glitzert: Der „Grüne Diamant“ (43 Karat) ist derzeit in New York ausgestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Die historischen Gebäude in Dresden wurden großräumig abgesperrt.
Weltjournal

Spektakulärer Einbruch in Dresdens Schatzkammer Grünes Gewölbe

Drei Juwelen-Garnituren wurden gestohlen, Überwachungskameras zeigen zwei Einbrecher. Ein in Brand gesetzter Stromkasten könnte die Stromversorgung beeinträchtigt haben.
Eines der Zimmer im Grünen Gewölbe in Dresden.
Dresden

Historisches Grünes Gewölbe gilt als einmalige Schatzkammer

Ein Großteil der wertvollen Stücke stehen nicht in Vitrinen. In acht Kabinetten sind etwa 3000 Kunstwerke aus Gold, Silber, Edelsteinen, Elfenbein und Bernstein zu sehen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.