Nationalrat

Debatte um die Rolle des Ministers bei den Casinos

Finanzminister Eduard Müller.
Finanzminister Eduard Müller. (c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Der Ressortchef könne bei der Bestellung des Vorstands nicht eingreifen, sagt Finanzminister Müller. Warum hat das sein Vorgänger dann gemacht?

Wien. Eduard Müller ist kein Politiker, sondern Beamter. Am Dienstag, als die Casinos-Affäre den Nationalrat erreichte, hielt sich der Finanzminister der Übergangsregierung an diese Rollenverteilung. Die SPÖ wollte in einer Dringlichen Anfrage Aufklärung über die Rolle des Finanzministeriums bei der Besetzung des Casinos-Vorstandes und möglichen Gegengeschäften mit Novomatic – und darüber, was das Ministerium nun zu tun gedenke.

Müllers Antwort war nüchtern und sachlich – und geriet zu einer Vorlesung über die Basics des heimischen Aktienrechts. Nein, der Minister könne bei der Bestellung des Vorstands nicht eingreifen. Dafür gebe es die Aufsichtsräte. Und nein, auch dem Vorstand der Beteiligungsgesellschaft Öbag könne er keine Weisungen erteilen. Dieser arbeite grundsätzlich weisungsfrei.

Immerhin: Bei der Aufklärung der Affäre werde das Ministerium sowohl die Behörden als auch das Parlament vollumfänglich unterstützen. Bekanntlich ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen möglicher Korruption, das Parlament wird demnächst einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Umstritten ist da nur noch der genaue Untersuchungsgegenstand. Und das Ministerium leistet auch einen eigenen Beitrag zur Aufklärung: Die Finanzprokuratur wurde mit einer genauen Prüfung beauftragt.

Die Sondersitzung des Nationalrats war quasi die Ouvertüre für die parlamentarische Behandlung des Themas: Eine dringliche Anfrage, die vom Minister – wie bei dringlichen Anfragen üblich – eher ausweichend beantwortet wurde, gefolgt von teilweise recht polemischen Debattenbeiträgen. Die SPÖ schickte Budgetsprecher Kai Jan Krainer ins Rennen, der Vergleiche mit der Fliegerei zog. Beim Fliegen könne man sich darauf verlassen, dass beide Piloten fliegen können. Bei den Casinos habe man sich darauf verlassen, dass einer fliegen kann, und der zweite – der offensichtlich völlig ungeeignete FPÖ-Politiker Peter Sidlo – habe nur die Durchsagen gemacht. „Minister Löger hat das durchgewunken und beide Augen verschlossen“, so Krainer mit einem Angriff auf den früheren ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger.

Der wurde natürlich von seiner Partei verteidigt. Abgeordneter Wolfgang Gerstl stellte die Rolle des Ministers bei der Postenbesetzung als völlig normal dar: quasi als Mediator zwischen den Aktionären, der interessiert gewesen sei, eine gute Lösung unter Wahrung österreichischer Interessen zu erzielen. Hat Gerstl den Vortrag Müllers verschlafen? Der Minister kann doch laut Aktienrecht gar nicht eingreifen, hatte Müller doziert. Wie passt das mit den Chat-Protokollen zusammen, wonach Löger den Aufsichtsratspräsidenten genötigt hat, Sidlo entgegen den Mahnungen des Personalberaters zu bestellen?

FPÖ startet Gegenangriff

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl machte das, was er am besten kann: Er startete einen polemischen Angriff Richtung SPÖ. Es gehe hier um einen „konstruierten Skandal“, der nur dadurch begründet sei, dass ein blauer Vertreter (Peter Sidlo) anstelle eines roten Vertreters (Dietmar Hoscher) zum Zug gekommen sei: „Das darf es in der Welt der Linken einfach nicht geben.“ Daher werde auf Teufel komm raus kriminalisiert.

Kickl erinnerte daran, dass Ex-SP-Mandatar Hoscher von den externen Bewertern auch nicht als geeignet für seine Casinos-Funktion eingeschätzt worden war. Wörtlich spottete der Klubchef, es gehe nicht um „Postenschacher“, sondern um „Pfostenschacher“. Bestechung unter Beteiligung der FPÖ kann Kickl schon daher nicht erkennen, dass es kein dazugehöriges Amtsgeschäft gegeben habe.

Die Rolle des damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz brachten mehrere Redner aufs Tapet. Dass dieser von der Sache keine Ahnung hatte, bezweifelte Krainer: „Ich glaube Ihnen kein Wort.“ Und Neos-Mandatar Helmut Brandstätter brachte eigene Erfahrungen aus seiner Zeit als Chefredakteur ins Spiel: Kurz habe sogar in Redaktionen angerufen, damit Zwischentitel geändert werden. Und da soll er sich um wichtige Personalentscheidungen nicht gekümmert haben?

AUF EINEN BLICK

Sondersitzung. Die SPÖ stellte eine Dringliche Anfrage an Finanzminister Eduard Müller zur Postenbesetzung bei den Casinos Austria. Dieser versprach vollumfängliche Unterstützung bei der Aufklärung durch Justiz und Parlament. Außerdem hat er die Finanzprokuratur mit einer genauen Prüfung der Affäre beauftragt. Selbst eingreifen könne er weder bei den Casinos noch bei der staatlichen Beteiligungsgesellschaft Öbag, denn das seien Aktiengesellschaften, in denen die zuständigen Organe Vorstand und Aufsichtsrat weisungsfrei agierten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2019)

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