Die Politik hat sich verändert, und mit ihr ändert sich auch das Personal in Brüssel. Der klassische Hinterzimmer-Akteur hat ausgedient.
Letztlich war sogar Donald Trump beeindruckt – ein Novum für den selbstgerechten US-Präsidenten: Im Juli war EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einer schwierigen Situation nach Washington gereist. Es drohte ein Handelskrieg zwischen der EU und den USA. Eben erst hatten ihn böse Kommentatoren in Europa als alkoholisierten Clown dargestellt, der kaum noch gerade gehen könne. Aber der Luxemburger Christdemokrat spielte noch einmal all seine Stärken aus, hörte sich geduldig Trumps Begründung für die Einführung von Strafzöllen und die Drohung an, diese nun auf Autos auszuweiten. Dann zerlegte er Stück für Stück die aufgebaute Spannung, bis es ihm gelang, den Konflikt einzudämmen. Er sei „gerissen“, sagte Trump danach, ein „Kerl, der für mich Verhandlungen führen sollte“.
Mit Jean-Claude Juncker tritt eine Generation von Politikern ab, die heute als „old fashioned“ bezeichnet wird. Ausgefuchst, schlagfertig, rhetorisch brillant, eine Form der Weltpolitik beherrschend, die in Vier-Augen-Gesprächen entschieden wird, nicht an Konferenztischen und schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Es mag sein, dass Trinkfestigkeit zu den notwendigen Eigenschaften dieser Generation zählte. Dennoch hat man Juncker rund um seinen wankenden Auftritt bei einem Nato-Gipfel und seine angeblich vertauschten, verschiedenfarbigen Schuhe Unrecht getan. Dem 64-Jährigen, der erst kürzlich eine heikle Operation überstanden hat, war das Bild seines gesundheitlich angeschlagenen Körpers egal gewesen. Und die Schuhe? Sie waren sowieso beide schwarz, nur in der groben Auflösung geteilter YouTube-Videos schien einer braun.