Angesichts des 33. Frauenmords in diesem Jahr fordern Opferschutzeinrichtungen wirksamere Maßnahmen - und die Einbindung in die die Screening-Gruppe des Innenministeriums.
Wien. Angesichts der hohen Zahl von Tötungsdelikten an Frauen hat der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) am Donnerstag an die aktuelle und die zukünftige Regierung appelliert, "endlich in wirksamere Maßnahmen zum Schutz und in die Sicherheit von Frauen und deren Kindern zu investieren". Laut Innenministerium (BMI) wurden 2019 bisher 33 Frauen in Österreich getötet.
Erst am Mittwochabend hat ein 62-Jähriger in Wien-Favoriten Ehefrau getötet, vier der fünf Kinder erlebten die Tat mit. "Es muss eine klare Strafverfolgung von Gewalttaten an Frauen und häuslicher Gewalt umgesetzt werden - bevor ein Mord passiert", so AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer. Dazu gehörten eine lückenlose Ermittlung und Beweisführung sowie die U-Haft für sehr gefährliche Täter.
Höhere Strafen nicht sinnvoll
Anzeigen werden immer noch viel zu oft eingestellt und Drohungen seitens des Täters von Polizei und Justiz nicht ernst genommen. Am gefährlichsten für die Frau sei die Zeit einer Trennung. Höhere Strafen würden keinen Gefährder abschrecken, der tatsächliche Strafrahmen müsse aber tatsächlich angenommen werden. Zudem brauche es Richtlinien zur Gefährlichkeitseinschätzung, eine flächendeckende opferschutzorientierte Täterarbeit sowie verpflichtende Fortbildungen in der Justiz in Bereich Gewalt an Frauen.
Dringend nötig wäre auch der Ausbau einer kindergerechten psychologischen Betreuung bei Gewalt in der Familie. Kinder, die Zeugen von Gewalt werden, leiden oft ihr Leben lang unter den Folgen und sind häufig schwer traumatisiert.
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Die von BMI und Bundeskriminalamt am Dienstag angekündigten Maßnahmen zum Gewaltschutz wie der Ausbau von Fachberatungsstellen bei sexueller Gewalt, Sensibilisierungsworkshops für Schülerinnen und Schüler und Initiativen gegen Hass im Netz seien notwendig. Sie sind laut AÖF aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Opferschutzeinrichtungen in Screening nicht eingebunden
Auch Rosa Logar von der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie erklärte, es sei grundsätzlich gut, dass sich eine Screening-Gruppe mit dem Thema beschäftige. Jedoch: "Nicht nachvollziehbar und bedauerlich ist, warum wir als Opferschutzeinrichtungen nicht einbezogen wurden. In mehreren Fällen haben wir spätere Mordopfer betreut und es wäre nicht unerheblich, unsere Fachmeinung zu hören." Die Opfer müssten jedenfalls bei allen Analysen im Mittelpunkt stehen. Allein in Wien betreue die Interventionsstelle 5800 Gewaltopfer, verwende seit Jahren Tools zur Risikoeinschätzung und übermittle Gefahrenmeldungen an Polizei und Justiz - "auch das sollte wohl einbezogen werden".
210 Millionen Euro pro Jahr nötig
Die von Österreich unterzeichnete Istanbul-Konvention - das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt - sehe zudem eine signifikante Budgeterhöhung für effektive Präventionsmaßnahmen vor, wie Rösslhumer betonte. Angesichts der immens hohen Folgekosten von Gewalttaten werden mindestens 210 Millionen Euro pro Jahr benötigt. Österreich habe sich verpflichtet, die darin erwähnten Maßnahmen anzuwenden, sagte Logar. Angesichts der alarmierenden Fallzahlen und der nunmehr 33. Frau, die heuer von ihrem Partner getötet wurde, sei es bereits fünf nach zwölf.
So bekommen Sie Hilfe
Frauen, die Gewalt erleben, finden Hilfe und Informationen bei:
- Frauenhelpline, Tel.: 0800/222 555 (kostenlos und rund um die Uhr)
- Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF)
- Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie
- Dem Opfernotruf der Opferschutzorganisation Weißer Ring für Betroffene von Gewalttaten und Verbrechen, Tel.: 0800/112-112,
Droht akute Gewalt, rufen Sie sofort den Polizeinotruf unter 133 oder 112. Gehörlose und Hörbehinderte können per SMS an 0800/133 133 Hilfe rufen
(APA)