Spesen

Straches offene Rechnungen

Ex-FPÖ-Chef Strache sagt, er habe private Rechnungen schlussendlich immer selbst bezahlt.
Ex-FPÖ-Chef Strache sagt, er habe private Rechnungen schlussendlich immer selbst bezahlt. (c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sagt, er habe einige private Rechnungen zwar über die Partei verrechnet, aber immer zurückbezahlt. Ob das so stimmt, prüft die Finanz.

Wien. Heinz-Christian Strache verfügte in seiner Zeit als FPÖ-Parteichef über eine opulente Handkassa: Rund 10.000 Euro standen ihm monatlich zur Verfügung. Davon sollen Strafzettel für zu schnelles Fahren oder Falschparken ebenso beglichen worden sein wie hohe Essensrechnungen oder ein Mietzuschuss von 2500 Euro. Oder – wie Ö1 am Donnerstag berichtete – Reparaturen für Whirl- und Swimmingpool sowie Nachhilfestunden für das Kind.

Das behauptet zumindest der ehemalige Sicherheitsmann und Fahrer Straches in seiner ausführlichen Einvernahme, nachdem er Ende September verhaftet wurde. R. spielt in der Ibiza-Causa eine Schlüsselrolle. Der langjährige Vertraute dürfte für das Drehbuch höchst sensible Informationen geliefert haben. Bereits im Jahr 2015 soll er belastendes Material über Strache gesammelt und für Geld angeboten haben. Das Motiv: eine schwere Krankheit und das Gefühl, von der Partei in diesen schwierigen Stunden fallen gelassen worden zu sein.

Wie „Die Presse“ berichtete, behauptet R. auch, dass Rechnungen getauscht wurden. So soll Strache etwa Kleidung gekauft – und für diese Summe eine Essensrechnung abgegeben haben, die dann unter dem Titel „Arbeitsessen“ lief. Die Kosten dafür sollen ihm erstattet worden sein. Ob R.s Angaben stimmen, ist Gegenstand von Ermittlungen.

Strache will alles selbst bezahlt haben

Strache äußerte sich am Donnerstag in einem ausführlichen Facebook-Posting zu den Vorwürfen. „Es kam vereinzelt vor, dass ich einen meiner Sicherheitsmänner ersuchte, für mich private Erledigungen durchzuführen, da ich aufgrund meines Einsatzes für die Partei rund um die Uhr oft keine Zeit dafür hatte“, schreibt er. Und: „In einem solchen Fall erhielten diese den Aufwand von mir persönlich ersetzt. So auch Sicherheitsmann R.“ Strache ist der Überzeugung, dass dieser ihn hinters Licht führen wollte und sich vielleicht selbst bereichert habe – indem er das Geld von Strache genommen, aber später trotzdem die Rechnungen eingereicht habe. Das sei nun Gegenstand der Ermittlungen. „Fest steht, dass die medial kolportierten Kosten für Pool, Schulgeld, Nachhilfestunden nachweislich von mir bezahlt wurden.“

Sein Anwalt, Johann Pauer, sagt dazu zur „Presse“ ergänzend: „Wenn Rechnungen nicht den politischen Bereich betrafen, wurden diese vom Steuerberater am Ende des Monats aussortiert und Herrn Strache verrechnet.“ Ob das so erlaubt ist, ist strittig. Experten gehen davon aus, dass es sich hier auch um einen geldwerten Vorteil beziehungsweise einen Liquiditätsvorteil handeln könnte, der zu besteuern wäre. Ob dem so ist, wird die Finanz im Rahmen der Ermittlungen ebenfalls überprüfen.

U-Ausschuss kommt im Frühling

Neben Justiz und Finanz will sich auch das Parlament ausführlich mit Ibiza und seinen Folgen beschäftigen. SPÖ und Neos einigten sich am Donnerstag auf die Einsetzung eines U-Ausschusses. Neben den Vorwürfen rund um den Postenschacher bei den Casinos Austria soll die „mutmaßliche Käuflichkeit der schwarz-blauen Regierung insgesamt“ untersucht werden. Darum sollen die Vorgänge ab dem Anritt der türkis-blauen Regierung am 18. Dezember 2017 untersucht werden.

Die Grünen haben sich dem Verlangen vorerst nicht angeschlossen – der Untersuchungszeitraum sei nicht weit genug gefasst, argumentiert Parteichef Werner Kogler, der gerade mit der ÖVP eine mögliche Regierung verhandelt. Für die Grünen seien auch die Postenschacher der SPÖ von Interesse und durchaus untersuchenswert.

Das Verlangen für den U-Ausschuss werden SPÖ und Neos bei der Nationalratssitzung am 11. Dezember einbringen. Wenn ihr Antrag juristisch hält, könnten die Befragungen bereits im März oder April 2020 starten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2019)

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