Spanien in der Gerüchteküche

Spanien Geruechtekueche
Spanien Geruechtekueche(c) EPA (Susana Vera)
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Einem deutschen Zeitungsbericht zufolge bereiten sich die Euroländer auf Hilfszahlungen für Spanien vor. Die Madrider Regierung nennt das eine „Lüge“. Auch die Europäische Kommission dementiert.

BRÜSSEL. Das in schweren wirtschaftlichen Problemen steckende Spanien geriet am Freitag gehörig in die Gerüchteküche. Die „Financial Times Deutschland“ (FTD) berichtete ohne Angabe von Quellen, dass sich die anderen 15 Staaten der Eurozone auf Hilfsmaßnahmen „in den nächsten Monaten“ einstellten, falls sich die Probleme der spanischen Banken verschärften. Diesfalls würde Spanien als erstes Land Mittel aus dem in Summe 750 Mrd. Euro schweren Hilfspaket an nationalen Haftungen und Zuschüssen erhalten, das die Eurozonenländer und der Internationale Währungsfonds im Mai geschnürt haben.

Das Dementi folgte sofort. „Das ist eine Lüge“, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Madrid zur Nachrichtenagentur Reuters. „Es gibt keine Rettungsaktion. Weder wurde um etwas angesucht, noch wird es das werden.“

Auch die Europäische Kommission, die im Fall der Fälle mit der Verwaltung dieses Rettungsnetzes befasst wäre, qualifizierte den Bericht als Ente. „Das ist reine Spekulation. Wir bereiten nichts vor“, sagte Amadeu Altafaj Tardio, der Sprecher von Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn. „Das Letzte, was wir wollen, ist, Gerüchte zu schüren, die zu weiterer Nervosität führen.“

Hohe Nachfrage nach spanischen Bonds

Der Artikel der FTD, die bis 2008 das deutschsprachige Schwesterblatt der britischen „Financial Times“ war und seither zur Gänze dem deutschen Medienkonzern Gruner+Jahr („Stern“, „Brigitte“, „Neon“) gehört, ist rätselhaft. Für gewöhnlich geht die Qualitätszeitung nämlich sehr sorgsam mit solch heiklen Informationen um, die direkte Auswirkungen auf die Märkte haben. Zudem hat gerade eine Auktion von spanischen Staatsanleihen am Donnerstag gezeigt, dass der Staat derzeit kein Problem hat, sich auf den Märkten Geld zu holen. Der 3,9 Milliarden Euro schwere, über drei Jahre laufende Bond fand gute Nachfrage. Diese Emission galt als Test für den Juli. Dann muss Spanien nämlich 16,2 Mrd. Euro an alten Schulden durch neue Bonds bedecken. Eine Reihe erfolgreicher Anleihenemissionen, unter anderem in den Problemstaaten Belgien und Portugal, deutet darauf hin, dass sich die Märkte hinsichtlich der öffentlichen Finanzen vorerst beruhigt haben.

Schlecht hingegen sieht es weiterhin mit der spanischen Privatwirtschaft aus. Vor allem die Sparkassen haben sich in den letzten Jahren angesichts des niedrigen Zinsniveaus Hals über Kopf ins Immobilien- und Privatkreditgeschäft gestürzt und müssen nun, angesichts von 20 Prozent Arbeitslosigkeit, milliardenschwere Verluste verdauen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2010)

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