Pension unter den Schloten

Expedition Europa: Wo sind die Gewerkschafter auf dem Westbalkan geblieben?

Nun, da ich mich bald das zwanzigste Jahr einer ÖGB-Mitgliedschaft rühme, ziehe ich auf den Spuren aktiver Gewerkschafter über den Balkan. Ich gehe so vor, dass ich Artikel über Arbeitskämpfe aufstöbere und dann am Werkstor klopfe. Anders geht das nicht, kaum eine Gewerkschaft hat hier noch Büros, Strukturen, Internetseiten oder auch nur einen Twitter-Account.

Ich halte beim einzigen Fährbetrieb von Montenegro. Die privatisierte Fähre an der Meerenge Verige ist eine Goldgrube, ein Pkw zahlt für die 300-Meter-Überfahrt 4,50 Euro. Die Fähre verbindet unter anderem zwei Leuchttürme montenegrinischer Wirtschaftspolitik: westlich die aserbaidschanische Marina-Residence Portonovi, wo der Piazza-Hitzesprenkler auch an einem kühlen Herbstmorgen sprüht. Und östlich die von ungenannten Milliardären angestoßene Luxus-Appartement-Marina Porto Montenegro, die endlich das leidige Parkplatzproblem von Superjachten lindert. Die Fährmänner dazwischen haben seit Kurzem eine Gewerkschaft, und ihrem ersten Betriebsrat, Ivan Vučinović, ist seit Kurzem ein neu kreierter Job zugewiesen: „Bediensteter für Vor-Ort-Verkehrsstrukturevidenz“. Er muss nun für einen geringeren Lohn auf der Uferstraße stehen und die nicht auf die Fähre auffahrenden Fahrzeuge zählen.

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