Missbrauchs-Prozess

Judo-Szene soll Seisenbacher nach Flucht geholfen haben

Peter Seisenbacher
Peter SeisenbacherAPA/HERBERT NEUBAUER
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Unterstützer in Österreich sollen für den Judo-Olympiasieger, dem Missbrauch von Mädchen vorgeworfen wird, Geld gesammelt und ihn in der Ukraine besucht haben.

Am Montag wird am Wiener Landesgericht der Prozess gegen den zweifachen Judo-Olympiasieger Peter Seisenbacher fortgesetzt, der nach seiner aktiven Karriere als Trainer eines Judo-Vereins unmündige Mädchen missbraucht haben soll. Wie Recherchen der Austria Presse Agentur ergaben, wurde das einstige Sport-Idol nach seiner Flucht in die Ukraine von Vertretern der heimischen Judo-Szene nach Kräften unterstützt.

So bestätigten mehrere Gesprächspartner unter der Zusicherung, dass ihre Anonymität gewahrt wird, dass für Seisenbacher Geld gesammelt wurde, nachdem sich dieser kurz vor seiner für Mitte Dezember 2016 geplanten Verhandlung abgesetzt und damit der Strafverfolgung entzogen hatte. Demnach existierte ein Mail-Verteiler, über den sich die Unterstützer koordinierten. Seisenbacher, der über kein Einkommen verfügte, wurde auch von Bekannten aus Judo-Kreisen in Kiew besucht, während sich die Wiener Justiz vergeblich um seine Auslieferung bemühte. Die ukrainischen Behörden vertraten nämlich den Standpunkt, dass die Missbrauchs-Vorwürfe gegen Seisenbacher nach ukrainischem Recht verjährt waren.

Erst als die Ukraine im Mai 2019 ein Zusatzprotokoll des Europäischen Auslieferungsübereinkommens unterzeichnete, lief Seisenbacher Gefahr, der Wiener Justiz übergeben zu werden. Beim Versuch, mit dem manipulierten Pass eines österreichischen Judo-Funktionärs die Ukraine Richtung Polen zu verlassen, wurde er Anfang September 2019 festgenommen.

Ermittlungen gegen Judo-Funktionär

Wie Seisenbacher in den Besitz des Dokuments gekommen ist, wird mittlerweile von der Staatsanwaltschaft Wien untersucht. Gegen den Judo-Funktionär, der seinen Pass erst nach Seisenbachers Festnahme verlustig meldete, wird wegen Begünstigung ermittelt. Fakt ist, dass der Mann Seisenbacher sehr ähnlich sieht. Möglicherweise wurde daher bewusst auf seinen Pass zurückgegriffen, um diesen dem Olympiasieger zur Verfügung zu stellen.

Als gesichert kann gelten, dass Seisenbachers ukrainischer Rechtsvertreter bei einem Wien-Besuch Kontakt mit einem Ex-Judoka aus Seisenbachers früherem Verein hatte. Die beiden unternahmen eine Sightseeing-Tour.

In der Verhandlung gegen Seisenbacher wird am Montag unter anderem eine Frau aussagen, die als 16-Jährige vom Angeklagten auf einem Judo-Sommerlager im August 2001 bedrängt worden sein soll. Sie konnte ihren Trainer ihrer Aussage zufolge abwehren, weshalb die Staatsanwaltschaft diesen Vorgang als versuchten Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses inkriminiert hat. Geladen ist eine weitere Frau, die als 16-Jährige eine einvernehmliche sexuelle Beziehung mit Seisenbacher unterhalten haben soll, der damals Ende 30 war. An sich ist geplant, dass das Verfahren am Montag erstinstanzlich abgeschlossen wird. Allerdings ist unklar, ob Verteidiger Bernhard Lehofer nicht zusätzliche Beweisanträge vorbringen wird, die - sollte diesen stattgegeben werden - eine Vertagung erforderlich machen könnten.

(APA)

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