In Biologie und Medizin sind in diesem Jahrzehnt die Hoffnungen auf die Gene verflogen. Nun kreisen sie um die Steuerung der Genaktivitäten.
Heute lernen wir die Sprache, in der Gott das Leben erschaffen hat. Dieses tief greifende Wissen wird der Menschheit ungeheure neue Heilkräfte bescheren und die Diagnose und Therapie der meisten, wenn nicht aller Krankheiten revolutionieren.“ Mit dieser Emphase begrüßte US-Präsident Bill Clinton am 26. Juni 2000 die komplette Sequenzierung des Humangenoms, flankiert war er vom „Gen-Hexer“ Craig Venter und von Francis Collins (National Institute of Health), die in harter Konkurrenz das Werk vollendet hatten und in den Jubel einstimmten: Alzheimer, Krebs, Diabetes etc. etc. würden bald ihre Schrecken verlieren.
Sie haben es nicht getan. Schon zum zehnten Jahrestag hielt nur noch Collins an der Hoffnung fest – „die einst hypothetischen medizinischen Fortschritte der individuellen Genom-Sequenzierung beginnen, sich in der Klinik zu zeigen“ –, nicht einmal Venter wollte ihm folgen: „Wir haben noch viel vor uns.“ Zwar ist die Genetik nicht stehen geblieben – manche Krebsdiagnostik etwa wurde verfeinert –, aber die große Heilung vieler Leiden blieb aus: „Die erhoffte Revolution ist nicht gekommen“, bilanzierte Nature.