Terror in London: Woher war der Narwalzahn?

(191129) -- LONDON, Nov. 29, 2019 (Xinhua) -- Police officers cordon off the scene near London Bridge following an atta
(191129) -- LONDON, Nov. 29, 2019 (Xinhua) -- Police officers cordon off the scene near London Bridge following an atta(c) imago images/Xinhua (via www.imago-images.de)
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Ein Attentäter hatte am Freitag auf der London Bridge zwei Menschen getötet. Passanten stellten sich ihm in den Weg - bewaffnet mit einem Feuerlöscher und einem Narwalzahn.

Zivilcourage zeigten am Freitag Passanten bei einem Terroranschlag in London: Der Attentäter Usman Khan hatte am Freitag eine Frau und einen Mann nahe der London Bridge getötet und drei weitere Menschen verletzt. Mehrere Passanten stellten sich Khan in den Weg – darunter ein Mann, bewaffnet mit einem Narwalzahn. Britischen Medienberichten zufolge handelt es sich bei dem Mann, der den Attentäter mit dem langen Stoßzahn in Schacht hielt, um einen Polen namens Lukasz, der in London als Koch arbeitet. Er soll den Zahn von der Wand der Fishmonger's Hall, der ehemaligen Halle der Fischhändler-Gilde in der City of London, genommen haben, in der der Angriff begann.

Auf einem Video ist zu sehen, wie ein Mann den Attentäter mit dem Walzahn traktiert, während ein anderer ihm mit dem Feuerlöscher ins Gesicht sprüht. Gemeinsam soll es ihnen gelungen sein, dem Attentäter zwei Messer zu entwenden, die er mit Klebeband an seinen Händen befestigt hatte.

"Gegen den Terrorismus ist jede Waffe erlaubt"

Der Pole soll nun in seiner Heimat ausgezeichnet werden. Justizminister Zbigniew Ziobro werde Staatspräsident Andrzej Duda vorschlagen, dem Mann die Medaille für Zivilcourage und Opferbereitschaft zu verleihen, schrieb Ziobros Sprecher am Samstag auf Twitter. "Gegen den Terrorismus ist jede Waffe erlaubt", kommentierte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki auf Facebook. "Polen ist stolz auf Sie."

Begonnen hatte der Angriff am Freitag der Polizei zufolge kurz vor 14 Uhr (Ortszeit) in der Fishmonger's Hall, wo der Attentäter an einer Konferenz über Resozialisierung der Universität Cambridge mit dem Titel "Learning Together" (Gemeinsam lernen) teilgenommen hatte. Berichten zufolge hatte der 28-Jährige gedroht, die Fishmonger's Hall in die Luft zu sprengen. Dort soll er begonnen haben, auf Menschen einzustechen.

Einer der Männer, die Khan stoppte, soll Berichten zufolge ein zu lebenslanger Haft verurteilter Mörder ge

wesen sein, der für die Konferenz Freigang erhalten hatte.

Debatte über vorzeitige Freilassung

In Großbritannien ist nach der Tat eine Debatte über die routinemäßige vorzeitige Entlassung von Häftlingen entbrannt. Khan war ein verurteilter Terrorist, der vorzeitig auf freien Fuß gekommen war. Er hatte der Tageszeitung "The Times" zufolge gemeinsam mit neun weiteren Extremisten einen Anschlag auf die Londoner Börse geplant, bevor er 2012 zu 16 Jahren Haft verurteilt wurde. Er sei mit 19 Jahren der Jüngste der Gruppe gewesen. Außerdem wollte er demnach im pakistanischen Teil Kaschmirs ein Trainingscamp für Terroristen aufbauen.

Laut der Tageszeitung "The Guardian" hatte der Richter bei Khans Verurteilung dessen Pläne als "ernsthaftes, langfristiges Projekt" bezeichnet und gewarnt, der Mann könne ein dauerhaftes Risiko für die Öffentlichkeit darstellen.

Täter trug Fußfessel

Khan war im Dezember 2018 unter Bewährungsauflagen auf freien Fuß gekommen, wie die Polizei mitteilte. Dem "Times"-Bericht zufolge trug er eine elektronische Fußfessel. Von weiteren Tätern ging die Polizei nicht aus.

Seine Entlassung war routinemäßig erfolgt. Die zuständige Kommission (Parole Board) teilte am Samstag mit, sie sei nicht an der Entscheidung beteiligt gewesen. Premierminister Boris Johnson sprach sich bei einem Besuch am Tatort am Samstag für härtere Strafen für Schwer- und Gewaltverbrecher und gegen vorzeitige Haftentlassungen aus. "Wir plädieren dafür, dass die Leute die Haftstrafe absitzen sollte, zu der sie verurteilt wurden", sagte der konservative Regierungschef. Er lobte Einsatzkräfte und Passanten, die geholfen hatten, den Attentäter zu stoppen.

Bürgermeister Sadiq Khan von der oppositionellen Labour Party hinterfragte, ob die zuständigen Behörden ausreichend Mittel zur Verfügung hätten, um gefährliche Personen zu überwachen. Unklar ist, wie das Thema den laufenden Wahlkampf beeinflussen wird. Am 12. Dezember wählen die Briten ein neues Parlament. Für Samstag wurden mehrere Wahlkampfveranstaltungen abgesagt.

Königin Elizabeth II. dankte Polizei und Rettungskräften und den "mutigen Personen", die "ihre eigenen Leben aufs Spiel gesetzt haben, um anderen selbstlos zu helfen und sie zu schützen". Frankreichs Präsident Emmanuel Macron drückte sein Beileid aus. "Ich bekräftige nachdrücklich unsere Entschlossenheit, gemeinsam gegen diejenigen zu kämpfen, die uns mit Terror und Gewalt erreichen wollen", erklärte der französische Staatschef auf Twitter.
Nun müsse man herausfinden, wie Khan das Attentat habe ausführen können, sagte der Chef der britischen Anti-Terror-Ermittler, Neil Basu.

IS beanspruchte Anschlag für sich

Der IS beanspruchte den Anschlag am Samstag für sich. Der Täter gehöre "zu den Kämpfern des IS" und sei Aufrufen zu Angriffen auf Bewohner jener Länder gefolgt, die der internationalen Anti-IS-Koalition angehören, erklärte Amaq, das Propagandaorgan des IS, am Samstag im Messengerdienst Telegram. Der Terrorexperte Peter Neumann vom Londoner King's College hält die Mitteilung für echt. Er gab aber zu bedenken, dass es sich lediglich um eine Behauptung der Terrormiliz handle. Sie beinhalte keine Details oder Täterwissen.

Der Anschlag weckt böse Erinnerungen an den Sommer 2017. Damals starben in der britischen Hauptstadt acht Menschen, als Terroristen mit einem Transporter erst absichtlich drei Menschen auf der London Bridge überfuhren und anschließend fünf weitere am Borough Market erstachen. Polizisten erschossen die drei Täter. Im März desselben Jahres fuhr ein Angreifer mit einem Auto auf der Westminster Bridge in mehrere Fußgänger, vier Passanten starben. Der Mann erstach zudem einen Polizisten, ehe er von Beamten erschossen wurde. (APA/dpa/AFP/Reuters)

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Der 28-Jährige wurde vor einem Jahr vorzeitig aus der Haft entlassen. Am Freitag tötete er auf der London Bridge zwei Passanten und verletzte drei weitere.

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