Wien Modern

Die Kraft des Klaviers und des Raunens

Unablässige Kreiselbewegungen: Ingrid Schmoliner am präparierten Klavier.
Unablässige Kreiselbewegungen: Ingrid Schmoliner am präparierten Klavier.Wien Modern/Markus Sepperer
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Finale des Festivals im Konzerthaus – u. a. mit Altmeister Frederic Rzewski am Klavier sowie tags darauf mit Jörg Widmanns zartesten Klarinettenklängen.

Wispern und Tuscheln bei einem Flashmob im Konzerthaus-Foyer vor Beginn am Freitag: Die Initiative für eine freie Musikszene in Wien will „die Musikförderung mitgestalten“. Atemgeräusche und in Musik umgegossene Sprachfrequenzen dann am Samstag im Großen Saal – und überall Diskussionsbedarf: Die 32. Ausgabe des Festivals Wien Modern hat jedenfalls von sich reden gemacht und ging nun mit einem Klavierabend und einem Orchesterkonzert zu Ende, bei denen ein letztes Mal unter dem heurigen Motto „Wachstum“ erstaunlich unterschiedliche ästhetische Positionen zu erleben waren.

Gewiss, ein so traditionell ersonnener Klavierzyklus wie Frederic Rzewskis „The People United Will Never Be Defeated!“ (1975) mag äußerlich konservativ scheinen. Doch das monumental-virtuose und zugleich ausgeklügelte Werk, bestehend aus 36 Variationen eines Protestlieds gegen den chilenischen Diktator Pinochet, hat nichts von seiner Kraft eingebüßt, ja ist bereits ein Klassiker der Moderne: Jüngst hat etwa Igor Levit damit reüssiert. Wenn freilich der 81-jährige Rzewski selbst das Thema durch die Mangel dreht, zerraspelt, einschmilzt oder mit brüchig-zartem Ton dazu pfeift, dann wächst der ohnehin starken Musik besondere Kraft zu – und man scheint zu spüren, dass die technischen und konditionellen Herausforderungen sowie all die einkomponierten Widerborsten die Anstrengungen der Menschheit auf dem langen Weg zum Miteinander repräsentieren. Das war auf unsentimentale Weise bewegend – auch weil der am Ende gefeierte Rzewski verschmitzt reagierte und dennoch feuchte Augen hatte.

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