Die 25. UN-Klimakonferenz muss Regeln finden, um den internationalen Handel in den Klimaschutz miteinzubeziehen. Bundespräsident Van der Bellen brachte einen Plüsch-Eisbären zu seiner Rede mit.
In Madrid hat die 25. UN-Klimakonferenz begonnen. Der Präsident des letztjährigen Treffens im polnischen Kattowitz, Michał Kurtyka, übergab den Vorsitz Montagfrüh offiziell an die chilenische Regierung. In Chile hätte die Konferenz ursprünglich stattfinden sollen - doch die Proteste im Land machten die Austragung einer internationalen Konferenz unmöglich. Madrid sprang ein, der Vorsitz blieb dennoch bei Chile.
Für Österreich nahm Bundespräsident Alexander Van der Bellen an der Konferenz teil - samt Plüsch-Eisbären. Ein Geschenk für einen Sechsjährigen, verriet er den anwesenden Staats- und Regierungschefs am Montag. In einer "Climate-Fiction" erläuterte das Staatsoberhaupt dann, wie die Welt in 30 Jahren aussehen könnte: Der Weg dahin sei eine Entscheidung und kein Schicksal.
Das Kuscheltier werde er dem Sohn einer Mitarbeiterin mit dem Namen David zum sechsten Geburtstag schenken. Dieser habe bei einem Besuch in der Wiener Hofburg angesichts der Kristallluster gesagt: "Wir müssen Strom sparen, sonst sterben die Eisbären." Mit einer kurzen Schilderung von zwei möglichen Welten im Jahr 2050, einer mit und einer ohne ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen. In der einen ist Wien eine Hitzepool, in der es inzwischen das tropische Dengue-Fieber gibt, in der anderen fahren die Fahrzeuge jeweils mit Elektroantrieb durch eine inzwischen begrünte Bundeshauptstadt, "aus vielen Ölkonzernen sind Sonnenkonzerne geworden".
"Es ist nicht Schicksal", resümierte van der Bellen, "es ist schlicht und einfach unsere Entscheidung", und kommendes Jahr sei die Entscheidung fällig, die nationalen Klimapläne nachzubessern. Im Zuge dieser Entscheidung riet das Staatsoberhaupt seinen Kollegen und den Regierungschef, an die Kinder zu denken, "denn unsere Kinder werden später auch an uns denken, daran, was wir getan haben. Oder daran, was wir nicht getan haben", schloss der Bundespräsident.
Die Themen der Konferenz
Die kurzfristige Übernahme der Gastgeberrolle stellte Madrid durchaus vor Herausforderungen: Bei der Weltklimakonferenz werden immerhin rund 29.000 Teilnehmer aus fast 200 Ländern erwartet, darunter neben Ministern, Staats- und Regierungschefs auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg. Zu den Knackpunkten der Verhandlungen gehören Hilfen für die Entwicklungsländer bei der Bewältigung klimabedingter Schäden sowie konkrete Regeln zur Einbeziehung von Marktmechanismen bei der Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens. Das sogenannte "Rulebook" ("Regelbuch") soll fertiggestellt werden.
Dank Paris gilt der Grundsatz, dass die nationalen Klimaschutzzusagen nur nach oben korrigiert werden dürfen. Bei der UN-Klimakonferenz vergangenes Jahr in Kattowitz gab es in dieser Frage aber kaum Bewegung, spätestens kommendes Jahr müssen die mehr als 180 Vertragsstaaten aber ihre überarbeiteten Klimaschutzziele vorlegen.
Der UN-Sondergipfel im September in New York brachte nicht das erhoffte deutliche Signal. Zwar sagten knapp 70 Länder Nachbesserungen an ihren nationalen Klimaschutzplänen zu. Große Treibhausgas-Emittenten wie die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) ließen jedoch kaum Bewegung in der Frage erkennen.
Das Regelbuch und die Marktmechanismen
In Kattowitz ging es insbesondere darum, das sogenannte Regelbuch mit konkreten Bestimmungen zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens auszuarbeiten. Das ist nach zähen Verhandlungen auch gelungen - mit Ausnahme von Bestimmungen zu Artikel 6 des Pariser Abkommens.
Er sieht vor, Marktmechanismen, also den internationalen Handel mit Emissionszertifikaten, in den Klimaschutz einzubeziehen. Demnach könnten Länder, die ihren Treibhausgasausstoß stärker verringern als zugesagt, ihren Überschuss bei der Emissionsminderung in Form von Zertifikaten verkaufen.
Laut Pariser Abkommen muss aber ausgeschlossen werden, dass sowohl das Ausgabeland der Zertifikate als auch das Käufer-Land sich die zugrunde liegende Emissionsminderung gut schreibt, diese also doppelt gezählt wird. Umstritten ist in diesem Zusammenhang auch, ob und wie unter dem Kyoto-Protokoll erworbene Verschmutzungsrechte unter dem Paris-Abkommen weiter gelten.
Niedrigere Ziele reizvoller
Umweltorganisationen sehen außerdem die Gefahr, dass Staaten ihre nationalen Klimaschutzziele extra niedriger ansetzen, um bei einer Übererfüllung Geld mit Emissionszertifikaten zu verdienen. Andersherum könnten Staaten ehrgeizige Klimaziele scheuen, weil sie fürchten, zu ihrer Erfüllung Emissionszertifikate zukaufen zu müssen.
Entscheidend für den Erfolg des Pariser Abkommens ist es also, dass zu Artikel 6 robuste Regeln zur Vermeidung von Doppelanrechnungen sowie von Fehlanreizen vereinbart werden. So könnte festgeschrieben werden, dass die nationalen Klimaziele nur zu einem geringen Anteil mit von anderen erworbenen Emissionszertifikaten umgesetzt werden dürfen.
Wählen zwischen „Hoffnung“ und „Kapitulation"
UN-Generalsekretär Antonio Guterres wählte zum Auftakt drastische Worte, um das Ausmaß der Krise deutlich zu machen und ein rasches Umsteuern einzufordern. Die Menschheit müsse wählen zwischen dem Weg der "Hoffnung" und dem der "Kapitulation" beim Klimaschutz.
"Wollen wir wirklich als die Generation in Erinnerung bleiben, die den Kopf in den Sand steckte, die herumbummelte, während die Erde in Flammen stand?", fragte er. Vor Beginn der Klimakonferenz hatte bereits eine Reihe von Hilfsorganisationen Alarm geschlagen und unter anderem vor Millionen Flüchtlingen durch klimabedingte Katastrophen gewarnt.
Von der Leyen will Tempo machen
Die neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kündigte verstärkte Anstrengungen Europas im Kampf gegen die Erderhitzung an. Wenn die EU wie angestrebt bis 2050 klimaneutral werden wolle, müssen gehandelt werden, sagte die Politikerin bei einer Gesprächsrunde mit mehreren Staats- und Regierungschefs. "Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten."
Von der Leyen kündigte an, im März erstmals ein EU-Umweltgesetz vorzulegen. Damit solle der Handel mit Verschmutzungsrechten auf alle Sektoren ausgeweitet werden. Zurzeit sind nur die Energiewirtschaft und energieintensive Industriebetriebe erfasst. "CO2 muss einen Preis bekommen", sagte sie zur Begründung.
(APA)