Amtsmissbrauch

Die Luft wird dünn für Andrej Babiš

Andrej Babiš.
Andrej Babiš.(c) Getty Images (Leon Neal)
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Ein interner Prüfbericht der EU-Kommission befindet, dass Tschechiens Regierungschef bei der Vergabe von EU-Geldern im Interessenkonflikt ist.

Brüssel. Auf die neue Europäische Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen kommt gleich in den ersten Tagen im Amt eine schwere Bewährungsprobe zu. Denn der tschechische Ministerpräsident, Andrej Babiš, gab am Montag unmissverständlich zu verstehen, dass er sich nicht an die amtlichen Untersuchungen der EU-Kommission möglicher Malversationen bei der Auszahlung von EU-Subventionen an seinen Konzern halten will.

„Die Tschechische Republik, die von Anfang an dagegen war, wird sich dem weiterhin widersetzen“, sagte der mit einem geschätzten Privatvermögen von 3,5 Milliarden Euro zweitreichste Tscheche am Montag in einem Interview mit einem Radiosender, der zu seinem Firmenimperium namens Agrofert gehört. Er fügte hinzu, dass ein Prüfbericht, über den das Wochenmagazin „Respekt“ am Sonntag berichtet hatte, „ein paar Minuten“ vor dem Antritt der Von-der-Leyen-Kommission fertig geworden sei. Damit unterstellte er, dass dieses Dokument gleichsam keine Gültigkeit habe.

Das Gegenteil ist der Fall. Der vertrauliche Bericht, in welchem die Kommission der Ausschüttung von EU-Förderungen aus den Regional-, Kohäsions- und Sozialfonds an Agrofert nachgeht, kommt laut Bericht von „Respekt“ zum Schluss, dass Babiš als Chef der tschechischen Regierung, die gleichzeitig auch für die rechtlich korrekte Auszahlung von EU-Subventionen verantwortlich ist, in einem Interessenkonflikt sei. Zwar hat der Oligarch die Kontrolle über sein Firmenimperium vor zwei Jahren treuhändig abgegeben. Das ändert jedoch nichts an seiner nachdrücklichen Weigerung, die Angelegenheit komplett offenzulegen. Seine Versuche, die Ermittlungen der tschechischen Behörden in dieser Sache zu behindern, haben in den vergangenen Monaten zu den größten öffentlichen Demonstrationen seit dem Prager Frühling vor drei Jahrzehnten geführt.

Wie gefährlich Malversationen mit EU-Mitteln Politikern werden können, zeigt der Fall des früheren starken Mannes der rumänischen Sozialdemokraten, Liviu Dragnea. Er kam, trotz langwieriger und hintergründiger Behinderungsversuche, heuer wegen der betrügerischen Auszahlung von EU-Fonds für den Straßenbau ins Gefängnis.

Ringen um strengere Regeln

Fälle wie diese legen offen, wie sehr die Rechtsstaatlichkeit in manchen Mitgliedstaaten unter Beschuss ist – und welche problematische Rolle dabei der Zugriff auf das EU-Budget spielt. Voriges Jahr hat die Kommission darum einen Entwurf für eine Verordnung vorgelegt, welche die Auszahlung von EU-Förderungen stoppen kann, wenn es in einem Mitgliedstaat schwerwiegende Probleme mit dem Rechtsstaat gibt. Das Europaparlament und der Rat, also die nationalen Regierungen, befinden sich seither in Verhandlungen darüber. Deren Abschluss ist derzeit noch nicht absehbar. (GO)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2019)

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