Kindergarten-Chef soll Fördergeld abgezweigt haben

Der 60-jährige Angeklagte soll vom Wiener Magistrat, MA 10, Kindergärten, Subventionen in Höhe von mehr als 8,72 Millionen Euro erschlichen haben (Symbolbild).
Der 60-jährige Angeklagte soll vom Wiener Magistrat, MA 10, Kindergärten, Subventionen in Höhe von mehr als 8,72 Millionen Euro erschlichen haben (Symbolbild).(c) REUTERS (KAI PFAFFENBACH)
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Betrugsvorwürfe. Mit einem Förderskandal rund um öffentliche Gelder für einen Kindergarten in Wien Floridsdorf beschäftigte sich am Montag ein Schöffensenat. Im Mittelpunkt stand der 60-jährige Angeklagte M., ein Jurist, dem mehrere Delikte vorgeworfen wurden.

Wien. Förderungsmissbrauch, schwerer und gewerbsmäßiger Betrug, Untreue und betrügerische Krida – wegen dieser Vorwürfe stand am Montag der ehemalige Kindergartenbetreiber M. in Wien vor dem Richter. Der 60-jährige Angeklagte soll vom Wiener Magistrat, MA 10, Kindergärten, Subventionen in Höhe von mehr als 8,72 Millionen Euro erschlichen haben. M. bestreitet dies.

Der aus Ägypten stammende Mann, der seit 1977 in Österreich lebt und hier Jus studiert hat, war zunächst in Anwaltskanzleien tätig gewesen, ehe er in das Geschäft mit der geförderten Kinderbetreuung einstieg. Im Hinblick darauf machte er – laut Anklage – falsche Angaben, legte unrichtige Buchungsunterlagen und gefälschte Rechnungen vor. Zwischen 2009 und 2017 sollen Fördergelder widmungswidrig verwendet worden sein. M. und seine – nun mitangeklagte – Lebensgefährtin sollen 2,45 Millionen Euro allein für private Aufwendungen verwendet haben.

„Nur Deutsch gesprochen“

Ebendies stellte Verteidiger Michael Dohr vor Richter Christoph Zonsics vom Straflandesgericht Wien in Abrede. Und plädierte auf Freispruch. Insgesamt seien die mehr als acht Millionen Euro für Personal- und Mietkosten in den Kindergärten verwendet worden, von einer Bereicherung könne keine Rede sein. Im Gegenteil: Sein Mandant sei ein Vorzeigemann in Sachen Integration gewesen, dessen Betreuungseinrichtungen Kinder aus 37 Nationen besucht hätten. „Und es wurde nur Deutsch gesprochen.“

Laut Korruptionsstaatsanwaltschaft habe der Angeklagte schon im ersten Jahr, 2009, als Betreiber des „Edu & Fun Schul-Bildungszentrums“ einen beträchtlichen Teil der Förderungen zweckentfremdet und in eine umstrittene private Islam-Schule gesteckt.

Die Förderungen wurden erst im Mai 2016 gestoppt, nachdem eine auf die Jahre 2013 und 2014 bezogene Prüfung des Vereins grobe Unregelmäßigkeiten zutage gefördert hatte. Nur einen Monat später wurde über den Verein der Konkurs eröffnet.

„Alt-Wien“ übernommen

Dann soll M. mit dem neu gegründeten Verein „Oase des Kindes“, bei dem er offiziell nicht mehr in Erscheinung trat, im November 2016 zehn Standorte des insolventen Kindergartenbetreibers „Alt-Wien“ übernommen haben. Die Stadt Wien subventionierte die „Oase des Kindes“ bis Ende Februar 2017 mit rund 382.000 Euro.

Außer dem 60-Jährigen und dessen Lebensgefährtin sind noch fünf weitere Personen wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs, Untreue und betrügerischer Krida angeklagt. Auch hier plädierten deren Rechtsvertreter durchwegs auf Freisprüche.

Der Fall M. gilt nach wie vor als typisches Beispiel für ein relativ lockeres städtisches Fördersystem, welches zuletzt nur allzu leicht missbraucht werden konnte. Das Büro der früheren Wiener Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) hatte letztlich die Schließung des von M. in Floridsdorf betriebenen Kindergartens so begründet: „In diesem Kindergarten wurde immer wieder Koranunterricht erteilt.“

Der Prozess dürfte noch mehrere Wochen in Anspruch nehmen. (APA/m. s.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2019)

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