Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt

Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.

Prozess

Tilo Berlin will nichts von Grassers Hypo-Investment gewusst haben

BUWOG GRASSER PROZESS: BERLIN
Tilo Berlin am DienstagAPA/HANS PUNZ / APA-POOL
  • Drucken

Der frühere Chef der Hypo Alpe Adria will den damaligen Finanzminister nur generell über das Investment informiert haben. Berlins Ex-Sekretärin konnte sich an wenig erinnern.

Der frühere Hypo-Alpe-Adria-Chef Tilo Berlin hat am Dienstag, dem 126. Prozesstag, im Zeugenstand im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere im Wiener Straflandesgericht beteuert, er habe nichts von Grassers Investment in einen Genussschein seiner Vermögensgesellschaft zum Kauf von Hypo-Alpe-Adria-Aktien gewusst. Er habe Grasser nur allgemein über das Investment informiert.

>> Der Grasser-Prozess [premium]

Warum seine Sekretärin dann im Dezember 2006 an die E-Mailadresse von Walter Meischberger ("meischi@...") einen Zeichnungsschein für den damaligen Finanzminister geschickt hatte, konnte er nicht erklären. Die Sekretärin adressierte die Nachricht an den "Sehr geehrten Herrn Mag. Grasser". Im Auftrag von Tilo Berlin übermittle sie ihm die Unterlagen. Angehängt war auch ein Zeichnungsschein für einen Hypo-Genussschein, bei Rückfragen könne er sich jederzeit an Berlin wenden, hieß es.

Er habe seinem Büro damals vermutlich nur gesagt, man solle Grasser das Paket an Unterlagen schicken, denn dass sich der damalige österreichische Finanzminister über das Vorhaben informieren wolle sei doch ganz natürlich, sagte Berlin im Zeugenstand. Ob es so natürlich sei, dass sich ein Finanzminister dienstliche Unterlagen an die E-Mail-Adresse eines Freundes schicken lasse, hakte der Vertreter der privatbeteiligten CA Immo, Johannes Lehner, nach.

Mit „Schwiegermuttergeld“ bezahlt

Berlin sagte im Zeugenstand, er habe Grasser schon gekannt, weil er ihn etwa als Gast zu einem Beiratstreffen seiner Vermögensverwaltungsgesellschaft nach Deutschland eingeladen hatte. Auch in Grassers Terminkalender finden sich Einträge zu Treffen mit Berlin. Richterin Marion Hohenecker hielt Berlin dann ein Fax an ihn vor, mit einer Namensliste und dem Vermerk - "aktuelle Liste zum Investment, 1. Tranche", auf dem auch Grassers Name stand. Das sei wohl eine Einladungsliste für ein Beiratstreffen mit den Namen von Beiräten, Gästen und Kunden gewesen, meinte der Zeuge.

Grasser zeichnete den Genussschein jedenfalls nicht selber; das tat ein Vertreter der Meinl Bank. Das Geld kam vom Konto der Ferint-Gesellschaft bei der Meinl Bank, auf das Grasser das sogenannte "Schwiegermuttergeld" - 500.000 Euro, die er nach eigenen Angaben von seiner Schwiegermutter aus der Swarovski-Unternehmerfamilie in bar in der Schweiz erhalten hat - gelegt hatte. Das im Dezember 2006 getätigte Investment entpuppte sich als sehr profitabel. Laut Anklage flossen Grasser aus dem Hypo-Genussschein exakt 744.588,02 Euro zu. Der Ertrag wurde schließlich auf das Konto der Mandarin-Gesellschaft - eine Briefkastengesellschaft mit Sitz in Belize - bei der Raiffeisenbank Liechtenstein übertragen, das die Anklage Grasser zurechnet, was dieser bestreitet. Grasser war bis zum Jänner 2007 Finanzminister.

„Kleines Land Österreich“ 

Der Hypo-Investor und spätere Hypo-Alpe-Adria-Bankchef Berlin beteuerte, er habe sich nicht um die Prüfung der Mittelherkunft gekümmert, das sei die Aufgabe anderer gewesen. Er habe damals innerhalb kurzer Zeit 650 Millionen Euro aufstellen wollen, da habe er sich nicht um alles kümmern können. Die etwa 700 Käufer der Genussscheine seien einerseits Kunden seiner Vermögensgesellschaft, aber auch andere Personen gewesen, die Geld zu veranlagen hatten. Im "kleinen Land Österreich" hätte sich das Investment im betreffenden Personenkreis rasch herumgesprochen. Auch Banken und institutionelle Investoren hätten investiert.

Laut Anklage sei Grasser klar gewesen, dass für ihn bei der Investition in einen Hypo-Genussschein höchste Vorsicht geboten sei, "zumal es klare Regelungen des Unvereinbarkeitsgesetzes zur Offenlegung einer solchen Vermögensveranlagung gegenüber dem Unvereinbarkeitsausschuss des Nationalrates gab und alleine die Tatsache, dass er als Bundesminister für Finanzen (somit auch als Chef der Bankenaufsicht) im Besitz einer solch hohen Summe war, medial prekär gewirkt und Anlass zu Fragen gegeben hätte." Daher habe er sich die Unterlagen über die E-Mail-Adresse von Meischberger schicken lassen und nicht persönlich gezeichnet.

„Ausführende Hand“ Berlins

Die zweite Zeugin am Dienstag war früher Sekretärin in der Vermögensverwaltungsgesellschaft von Berlin. Ingeborg R. wurde per Videokonferenz in Hamburg befragt, sie hatte aber kaum Erinnerung an die Vorgänge vom Jahr 2006.

Richterin Hohenecker hielt der Zeugin von ihr geschriebene E-Mails bzw. Faxe vor. Sie habe solche E-Mails sicher nur auf Anweisung geschrieben, denn sie selber habe ja keinen fachlichen Bank-Hintergrund gehabt, erklärte die Zeugin heute. In ihrer Aussage vor den Ermittlungsbehörden im Jahr 2010 hatte sie gesagt, sie sei "die ausführende Hand" von Tilo Berlin gewesen. Das E-Mail an Walter Meischbergers Adresse, das im Text an Minister Grasser adressiert ist und wo es heißt, "im Auftrag von Tilo Berlin" würden ein Zeichnungsschein und weitere Unterlagen übermittelt, werde ihr wohl ihr damaliger Chef Berlin so zugerufen haben. Erinnern könne sie sich nicht mehr.

Ob sie oder jemand anderer diverse Listen erstellte, auch daran könne sie sich nicht mehr erinnern. Eine Liste sei wohl die Liste jener Personen gewesen, denen Informationsmaterial zum Hypo-Investment - das in Berlins Gesellschaft unter dem Namen "Projekt Knox" lief - zugeschickt worden war. Eine weitere Liste dürften die eingeladenen Gäste für eine Beiratssitzung von Berlins Vermögensverwaltungsgesellschaft gewesen sein, mutmaßte sie. Dass Grasser im Dezember 2006 ein Hypo-Investment gemacht hätte, davon hätte sie nichts gehört. Grasser selber habe sie bei einer Veranstaltung im Jahr 2005 kennengelernt, hatte die Zeugin bei ihrer Einvernahme im Jahr 2010 ausgesagt - auch daran konnte sie sich heute nicht erinnern. (APA)