Studie

Beste Leistung im Angstfach Mathematik

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Verbessert hat sich Österreich seit dem Start von Pisa nirgends. In Mathematik liegt man über dem Schnitt.

Wien. Die Sinnhaftigkeit von Pisa wurde schon oft infrage gestellt. Als „statistisches Voodoo“ hat Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann das prominente Länderranking, bei dem fast 80 Staaten gelistet sind, zuletzt im „Kurier“ bezeichnet. Trotzdem will Bildungsministerin Iris Rauskala an dem „Programme for International Student Assessment“ festhalten. Die Pisa-Studie helfe den Politikern dabei, das Thema Bildung nicht aus den Augen zu verlieren und an den nationalen Baustellen zu arbeiten.

Derer gibt es in Österreich viele. Das hat auch Pisa 2018, das am Dienstagvormittag weltweit präsentiert wurde, wieder bewiesen. Nicht nur beim Lesen, sondern auch in der Mathematik hat sich Österreich seit dem ersten Pisa-Test im Jahr 2000 nicht verbessert, in den Naturwissenschaften ging es sogar statistisch signifikant bergab. Mit 499 Punkten ist das Angstfach Mathematik der relativ stärkste Bereich der Schüler. Sie lagen damit über dem OECD-Schnitt (489 Punkte). In den Naturwissenschaften haben die Schüler diesmal 490 Punkte erreicht, was dem OECD-Schnitt entspricht.

Ganz vorn platzierten sich in beiden Fächern die chinesischen Regionen Peking, Shanghai, Jiangsu und Zhejiang (590 Punkte bzw. 591 Punkte), jeweils gefolgt von Singapur (551 bzw. 569 Punkte). Die Dominanz Asiens machte auch der Bildungsministerin Sorgen. Man müsse aufpassen, dass es nicht Weltregionen gebe, die vorauseilen. In diesen Ländern habe Bildung einen hohen Stellenwert. Es werde viel dafür gearbeitet, den sozialen Aufstieg durch Bildung zu schaffen (siehe dazu auch Seite 4). Diesen Stellenwert müsse Bildung in Österreich wieder erreichen. Er sei nämlich einst höher gewesen. Unter den europäischen Ländern sind in der Mathematik Estland, die Niederlande und Polen vorn, in den Naturwissenschaften sind es Estland und Finnland.

Große Geschlechterkluft in Mathematik

Besonderes Augenmerk wird bei der alle drei Jahren stattfindenden Pisa-Studie stets auf die Spitzenschüler gelegt. In Mathematik gehören in Österreich 13 Prozent der Schüler zu den Besten. Dieser Anteil ist leicht höher als im internationalen Schnitt (elf Prozent). Allerdings weit von dem Ergebnis des Landes mit den meisten Spitzenschülern, nämlich von Südkorea (21 Prozent), entfernt. Auch im Bereich Naturwissenschaften liegt Österreich mit sechs Prozent Spitzenschülern im Schnitt der 37 OECD-Staaten. Insgesamt nahmen übrigens 79 Länder teil.

Für die politisch Verantwortlichen ist auch der Anteil der Risikoschüler von großem Interesse. In Österreich gehört gut jeder fünfte Schüler zu denen, die sich auch mit einfachen Mathematikaufgaben schwertun, das sind zwar weniger als im internationalen Schnitt, aber dennoch „eine große Zahl“, wie Michael Bruneforth vom Bildungsinstitut Bifie sagte. In den Naturwissenschaften zählen wie im OECD-Schnitt 22 Prozent der Jugendlichen zu den Risikoschülern.

Bekannt war Österreich bisher für den großen Leistungsunterschied zwischen den Geschlechtern. Im Lesen fällt er zugunsten der Mädchen aus, in Mathematik zugunsten der Burschen. Sie kommen auch diesmal auf 13 Punkte mehr als ihre Alterskolleginnen. Das ist die drittgrößte Geschlechterkluft hinter Kolumbien und Italien. Im OECD-Schnitt sind es fünf Punkte. In den Naturwissenschaften hat sich die Kluft inzwischen aber geschlossen: War Österreich 2015 noch das Land mit dem größten Vorsprung der Burschen (19 Punkte), erreichen Mädchen nun praktisch den gleichen Punktewert.

AUF EINEN BLICK

In Österreich wurden für die nun präsentierte Pisa-Studie voriges Jahr rund 6800 Schüler getestet. Insgesamt fanden die Tests an 290 Schulen statt, sie dauerten rund zwei Stunden – teilweise im Multiple-Choice-Format –, dazu kam ein Fragebogen, der in 50 Minuten beantwortet werden musste. Vertreten waren dabei alle Schulformen, die von 15- bzw. 16-Jährigen besucht werden, also AHS, BMHS, Haupt- und Neue Mittelschulen, Polytechnische Schulen, Sonderschulen, Berufsschulen und Bildungsanstalten für Kindergarten- und Sozialpädagogik. Pro Schule wurden dabei höchstens
36 Schüler ausgewählt. Die Daten der Schüler oder der Schulen werden bei Pisa nicht ausgewiesen. Daher gibt es auch keine Schulrankings.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2019)

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