Wohnbauträger

Umstrittene WBV-GFW wird von BWS-Gruppe übernommen

Der Industrielle Michael Tojner hat vergeblich um früheren GÖD Wohnbauträger gerittert. 3000 Wohnungen gehen nun an gewerkschaftsnahe gemeinnützige Gruppe.

Die umstrittene Wohnbauvereinigung WBV-GFW, die frühere WBV-GÖD, um die der Investor Michael Tojner vergeblich gerittert hat, wird nun von der gewerkschaftsnahen gemeinnützigen BWS-Gruppe (BWSG) übernommen. Damit wandert die frühere Tochter der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) mit 455  Millionen Euro Bilanzsumme und 3000 Wohnungen an die BWSG.

Die BWSG, an der auch der ÖGB beteiligt ist, kauft die WBV-GFW vom jetzigen Eigentümer, der Carso GmbH von Christoph Schäffer - die Verträge wurden am Mittwoch notariell unterzeichnet. Danach wurde bei der Wiener Aufsichtsbehörde, der Magistratsabteilung 50 (MA 50), ein Antrag auf Genehmigung des Deals gestellt, sagten die Vorstandsdirektoren der BWSG, Jürgen Dumpelnik und Mathias Moser, zur APA. Mit dem Erwerb, dessen Genehmigung für 2020 erwartet wird, bleibe die WBV-GFW im gemeinnützigen Sektor, man wolle Synergien und Skaleneffekte nutzen.

Derzeit, ohne WBV-GFW, zählt die BWS-Gruppe - auch "Eisenbahnergenossenschaft" genannt - rund 23.000 Wohnungen, 1,5 Milliarden Euro Bilanzsumme und über 330 Mitarbeiter. Weitere knapp 50 Leute würden mit der WBV-GFW hinzukommen. Außerdem erweitert die BWSG ihr Angebot um Doppel- und Reihenhäuser. Der Fokus der BWSG werde auf Projekten in ausgewählten Lagen, in der Nähe von Ballungsräumen und anderen Schwerpunktregionen der Hauptzielgruppe der Mitglieder der Gewerkschaft vida bleiben (z.B. Tourismus- und Gastronomiegebiete sowie verkehrsinfrastrukturnahe Knotenpunkte), "also dort, wo auch die meisten Arbeitsplätze zu finden sind", hieß es am Mittwoch in einer Aussendung.

Auch für Gering- und Durchschnittsverdiener müsse es weiter leistbar bleiben, in solchen Lagen wohnen zu können, betont CEO Dumpelnik. Die WBV-GFW sei ein idealer Partner für die BWSG, denn auch sie sehe sich jenen Menschen verpflichtet, die mit den exorbitant steigenden Wohnungspreisen am freien Markt besonders zu kämpfen hätten. Von den derzeit 23.000 Wohneinheiten der BWSG (1,7 Millionen Quadratmeter Netto-Nutzfläche) sind 65 Prozent gefördert und etwa drei Viertel Mietobjekte.

Landesregierung spielte nicht mit

"Herzstück" der BWSG, die BWS Gemeinnützige allgemeine Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft reg. Genm.b.H. (BWS), wurde im Jahr 1911 von Funktionären der damaligen Eisenbahner-Gewerkschaft gegründet, um die Wohnungsnot aufgrund rascher Bevölkerungszunahme zu lindern. Die WBF-GFW wiederum bewirtschaftet aktuell 102 Eigenobjekte mit 3000 Wohneinheiten und über 300.000 m2 Nutzfläche, überwiegend in mehrgeschoßigen Wohnbauten.

Der Tojner-Vertraute Christian Hosp, der den Wohnbauträger 2015 erworben hatte, bemühte sich länger um eine Veräußerung der Gesellschaft, doch wurde dem Deal im September 2018 von der Wiener Landesregierung die Zustimmung versagt. Hosp ergriff dagegen Rechtsmittel, das Landesverwaltungsgericht Wien lehnte jedoch die Beschwerde des Tojner-Vertrauten heuer im Juni ab. Und das Gericht verfügte außerdem die Rückabwicklung früherer Kaufvorgänge: Hosp hatte den Wohnbauträger 2015 über die Schweizer Keystone Holding SA erworben, von der die Anteile 2017 an die Christian Hosp Beteiligungs GmbH wanderten. Die Prüfer vom Revisionsverband der gemeinnützigen Bauvereinigung (GBV) sagten, dass Tojner und nicht Hosp hinter den Käufen stehe und auch ihm die Keystone gehöre. Verschiedentlich war ein Weiterverkauf durch Tojner-Vertraute und damit ein Verlust der Gemeinnützigkeit für die 3000 Wohnungen befürchtet worden.

Aktueller Eigentümer der Wohnbauvereinigung GFW Gemeinnützige GmbH (WBV-GFW) ist nach Angaben der BWSG-Vorstände die erst im Vorjahr von Christoph Schäffer gegründete Carso GmbH, der in dieser GesmbH nicht nur Alleineigentümer, sondern auch Geschäftsführer ist. Schäffer, seit März 2018 WBV-GFW-Geschäftsführer, sei selbst an die BWSG herangetreten, berichten deren Vorstände, davor habe es zu ihm keine Geschäftsbeziehungen gegeben. Die frühere WBV-GÖD war 2003 von der ÖVP-nahen GÖD an ein Konsortium um die Unternehmer Michael Baumgartner und Stefan Gregorich verkauft worden. Gregorich war dann ab dem Jahr 2004 Aufsichtsratsvorsitzender der WBV-GFW.

Auch der Käufer, die BWSG, ist medial nicht unbekannt. Heuer im Februar war der damalige Vorstandsdirektor Wilhelm Haberzettl, ehedem Eisenbahner-Gewerkschaftschef, vom Unternehmen fristlos entlassen worden. Ihm wurde von der BWSG die Verletzung von Sorgfaltspflichten vorgeworfen bzw. dass er Wohnungen und Liegenschaften in der Wiener Marxergasse und in der Treustraße unter Wert verkauft und damit die BWSG um mindestens 2,5 Millionen Euro geschädigt habe. Mitte März brachte die BWSG gegen Haberzettl und fünf weitere Personen Anzeige wegen Untreue ein. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe, für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Haberzettls Anwalt Norbert Wess erklärte dazu aktuell zur APA, sein Mandant sei sich nach wie vor keinerlei Fehlverhaltens, schon gar keines strafrechtlichen Fehlverhaltens, bewusst und sei zuversichtlich, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren daher eingestellt werde. Die arbeitsgerichtlichen Verfahren - Haberzettl ergriff juristische Schritte gegen seine Entlassung - ruhen, solange die Strafrechtscausa anhängig ist.

(APA)

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