SOS für die Turnusärzte

Jungmediziner kritisieren die Ausbildung und fliehen ins Ausland. Ein weiterer Beleg dafür, dass der Turnus reformiert werden muss.

Wissenschaftsministerin Beatrix Karl mag sich zuletzt parteiintern gleich doppelt in die Nesseln gesetzt haben: zuerst mit ihrem Vorstoß, die Gesamtschule müsse her – ein typisches SPÖ-Anliegen. Hier haben, nach gehöriger ÖVP-Schelte, allerdings bereits schwarze Landespolitiker und der Wirtschaftsbund nachgezogen. Jetzt erhält Karl auch bei einem zweiten Anliegen Rückenwind. Und zwar bei ihrem Vorhaben, den dreijährigen Turnus abzuschaffen. Denn wie eine neue Umfrage unter Jungmedizinern belegt, halten viele die Ausbildung für stark verbesserungswürdig. Die Betreuung durch Vorgesetzte und der Kontakt mit den Patienten würden fehlen. Außerdem müssen Uni-Absolventen hierzulande nicht nur (zum Teil) Jahre warten, bis sie eine Ausbildungsstelle an Spitälern bekommen. Sondern sie werden auch von Deutschland, Großbritannien und Dänemark geradezu händeringend und zu Top-Konditionen abgeworben. Die Ärzte werden uns später in Österreich fehlen.

Was braucht es also noch, um das Turnusjahr zu überdenken, das jenseits der deutschen Grenze gar nicht existiert? Dort gibt es gleich Ausbildungsstellen zum Facharzt. Es wäre dringend notwendig, den Vorschlägen Karls bald zu folgen und gleiche Bedingungen mit dem EU-Ausland – also fairen Wettbewerb in der Ausbildung – zu schaffen. Schade nur, dass sich Politik und Ärztekammer bisher, im besten Fall, zurückhaltend dazu geäußert haben. Es bleibt zu hoffen, dass – wie bei der Gesamtschule – rasch mehr Bewegung in die Debatte kommt. (Bericht: Seite 3)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2010)

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