Kritik

Hirten an der Krippe, ohne Gegenstimme

Im Konzerthaus hörte man zur Abwechslung französische und russische Weihnachtsgesänge.

Das „Weihnachtsoratorium“, aber nicht das berühmte von J. S. Bach, sondern jenes von Camille Saint-Saëns – das ist so ungefähr das Gegenteil; nicht minder andächtig, aber auf eine romantisch-leichte Weise, garantiert fugenlos – im kontrapunktischen Sinne. Dergleichen sinnlich-fröhliche Andachtsmusik gehört hierzulande zu den Rarissima. Thomas Hengelbrock nutzte die Gelegenheit, um mit seinem Balthasar-Neumann-Ensemble der deutschen Chortradition auch vom Osten her zu begegnen. Eingangs gab es russische Vokalmusik.

Nach einem im vibratoarmen Originalklanggeist musizierten Adagio für Streicher und Harfe des jungen Tschaikowsky die ähnlich kühl und klar getönten Hymnen von Pavel G. Tschesnokow. Und darauf im Gefolge von Glasunows holzschnittartig kargen Variationen op. 97 ein „Magnificat“ von César Cui, dem am wenigsten bekannten Mitglied des „mächtigen Häufleins“ um Mussorgski und Borodin: Da wird am Vorabend des Ersten Weltkriegs die orthodoxe Chormusik harmonisch farbiger, expressiver – was hätte da wachsen können, wäre Geistliches in Russland nach 1917 nicht vom Plan gestrichen worden . . .

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