Leitartikel

Auch der Abschied von Öl und Gas macht Europa nicht unabhängig

Solaranlagen, Windräder und Elektroautos haben auch einen geopolitischen Preis.
Solaranlagen, Windräder und Elektroautos haben auch einen geopolitischen Preis. APA/dpa/Daniel Reinhardt
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Mit der Wende zur grünen Energie werden Europäer weniger an Ölstaaten zahlen. Abhängig bleibt die EU dennoch – nur eben von China statt Russland.

Europa muss verrückt sein. Zumindest aus russischer Perspektive. Da bauen Moskau, Ankara und Baku drei neue Pipelines, um die EU mit Erdgas zu versorgen – und Brüssel interessiert sich ausschließlich für den Abschied von fossilen Rohstoffen. Das soll nicht nur das Klima schützen, sondern auch Schluss machen mit all den politischen Verstrickungen und Abhängigkeiten von den Öl- und Gaslieferanten. Ab 2022 will die Europäische Investmentbank keinen Cent mehr in Öl- und Gasprojekte stecken. „Wenn ich Vorschläge wie diesen höre, denke ich, dass die Menschheit bald wieder in Höhlen leben wird“, höhnte der russische Präsident, Wladimir Putin.

Aus seiner Sicht ist diese absurde Reaktion verständlich. Der russische Staats- und Machtapparat lebt von den Euros, die das Land beim Verkauf von Gas an seinen Lieblingskunden im Westen verdient. Für Europas Energieversorgung birgt die Nähe zu den Gaslieferanten seit dem Bau der großen Pipelines in den 1960er-Jahren das größte geopolitische Risiko. Wie verwundbar der Kontinent ist, zeigte sich 2006 und 2009, als Streitigkeiten zwischen dem Transitland Ukraine und Russland dazu führten, dass in Teilen Osteuropas kein Gas mehr ankam. Der Winter war kalt. Menschen erfroren – mitten in Europa.

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