Stilfigur

Wunschliste

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Warum wünscht man sich zu Weihnachten meist das Wünschenswerte? Nicht etwa das Notwendige, das Praktische, das Unvermeidliche?

Wahrscheinlich, weil das Praktische nicht ganz so schön ist. Und weil man über Unvermeidliches wie Zahnkronen nicht spricht, weil das wäre ja fast jammern. Aber jetzt wird’s noch komplizierter: Das Notwendige in den Verkaufsregalen verkauft sich von selbst. Weil man es braucht. Das Wünschenswerte verkauft sich aber nur, weil es Wünsche triggert. Deshalb muss es sich auch he­rausputzen, glänzen, lieb dreinschauen. Designer gestalten Wünsche, die zu Dingen werden. Und so wird alles schöner, nur nicht die unerfreulichen Seiten des Alltags. Was angenehm ist, wird noch toller hingegen: Herumsitzen, liegen, schlafen, essen, trinken.

Aber Putzen bleibt Putzen, Zusammenkehren ist noch immer ein Vorgang, für den man eigentlich bezahlt werden will. Und das Putzkammerl ein Ort, zu dem man meist die Tür schließt. Auch weil sich die Werkzeuge darin verstecken müssen – ästhetisch. Ums Unkrautjäten lässt man sich zweimal bitten, Zähne putzt man, weil man schon einmal gefühlt hat, wie es ist, wenn man es auslässt. So etwas wie Wiener Schmäh als Designstrategie wäre ein Weg: Denn der macht selbst Auffahrunfall, verpassten Zug und angesauten Anzug noch erträglich. Doch nur wenige (siehe Bild Normann Copenhagen) gewinnen den unvermeidlichen Dingen wie Bürsten etwas Positives ab, wie etwa die Verbindung von Ästhetik und Funktion. ­Sebastian Herkner, einer der meistbeschäftigten Designer der Gegenwart, liebt übrigens Besen. DiePresse.com/stilfigur

("Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 06.12.2019)

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