Mein Freitag

Vom Schenken und Wünschen

Manchmal schenkt man, was man sich selbst vergeblich gewünscht hat.

Jetzt geht das schon wieder los, die „Wir schenken uns heuer nichts“-Parolen, und ja, es heißt „einander“ und nicht „uns“, aber so spricht ja niemand im echten Leben. In der Wirklichkeit, also auf der Mariahilfer Straße, scheint es nicht viele Menschen zu geben, die sich einem derartigen Pakt unterworfen haben, aber vielleicht kaufen sie für sich selbst ein und tarnen den Ego-Shopping-Trip als adventlich bedingt.

Man sucht ja auch gern etwas aus, das einem selbst gefällt, was das Schenken zu einem nicht ganz schmerzlosen Akt macht, vor allem, wenn das Präsent dann auf gar nicht so große Euphorie stößt wie erwartet. Auch Kinder bekommen manchmal etwas, das man sich selbst vor vielen Jahren vergeblich gewünscht hat, aber sie haben sogar für seltsame Geschenke ein Herz. Die mechanische Apfelschäl- und -teilmaschine sorgt immer noch für heitere Verwunderung, und der edle Koffer mit den Schnitzmessern wird zwar nie geöffnet, hat aber einen Ehrenplatz.

Beim Modellbau drängen sich die Erwachsenen in den Gängen der Geschäfte, und man denkt fälschlicherweise, dass sie das für ihre Kinder und ihre Enkel tun, aber so ist es gar nicht. Diese kleinen Welten zu schaffen, mit den Bäumchen und dem Gras, den Ampeln und winzigen Gartenbänkchen, und die Züge dort durchsausen zu lassen, das ist ein Traum, bei dem es keine Altersbegrenzung gibt. Rod Stewarts Augen haben heller geleuchtet als bei der hübschesten, neuesten Liebe, als er unlängst die Türen zu seinem Modelleisenbahnparadies öffnete, an dem er 26 Jahre lang gearbeitet hatte. Da hat sich ein großer Wunsch erfüllt.

Ein Keine-Geschenke-Pakt funktioniert, wenn das Wünschen erlaubt bleibt. Wenn man sich nichts mehr wünscht, dann baut man auch an seinem Traum nicht weiter. Es muss ja nicht alles erfüllt werden.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2019)

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